Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
121.2002
Seite: 33
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den Quellen keine besondere Betonung. Für die Verhörbeamten muss es also normal
gewesen sein, dass ein Student bis nach Italien reiste.

Interessant ist die Frage nach dem Unrechtsbewusstsein der Vier. Zwar war allen
klar, dass sie mit dem Einbruch in den Stadtwechsel etwas Verbotenes taten, doch
versuchten sie diesem Umstand mit der schon erwähnten Obligation abzuhelfen, mit
der sie sich zu, wenn auch unbekannten, Kreditnehmern stilisierten. In diese Richtung
deutet auch die Verpflichtung, das „entliehene" Geld mit zehn Prozent Zinsen
zurückzuzahlen. Die Verschreibung scheint durchaus ernst gemeint gewesen zu sein,
zumindest findet sich in den Akten kein Hinweis darauf, dass damit die Stadt und
die Wechselherren verspottet werden sollten. Im Gegenteil, Scherer und Widen-
meyer teilten in ihren Verhören mit, wie sie sich die Rückgabe des Geldes vorstellten
. Außerdem soll Widenmeyer seinen Kumpanen erzählt haben, dass er die Verschreibung
notfalls aus dem Erbteil seines reichen Vaters bezahlen könnte, da er
hoffe, sein Vater werde nicht mehr lange leben.33 Es wäre also falsch, in den Einbrüchen
einen Ausdruck von „Sozialrebellentum" zu sehen, wie man etwa durch die
Unterhaltung über den Reichtum des Anwalts Colinus vermuten könnte. Vielmehr
ist es gerade der Reichtum der Stadt, der Universität und des Anwalts, der sie zu Zielen
der Bande macht. So soll Widenmeyer gesagt haben, in der Universität were eine
guete Beyt Zueriagen, daß die V[mversi]tet. seye reicher dann die ganze Statte Von
Äußerungen, die diese Ordnung in Frage stellen oder gar von einer Umverteilung
des erbeuteten Geldes ist dagegen nirgends die Rede.

Eine magische Subkultur?

In den Akten des Falles lassen sich deutliche Belege für die Existenz einer magischen
Subkultur im frühneuzeitlichen Deutschland finden, das durch ein „Neben-
und Miteinander" verschiedener Formen von Magie und Wissenschaft gekennzeichnet
war.35 Gerade die Alchemie war nicht nur an Fürstenhöfen verbreitet, es muss
„unterhalb vornehmerer Paracelsisten und Antiparacelsisten eine ganze Schicht von
Sudlern oder Sudelköchen, also wild laborierenden Alchemisten gegeben haben, angefangen
von einfachen Bürgern, [...], bis zu den Bauernalchemisten, die, wenn sie
überhaupt lesen konnten, sicher kein Latein beherrschten."36

Neben den schon bekannten Personen, den vier Mitgliedern der Gesellschaft und
des Rottenburger Pfarrers, erfahren wir durch die Verhöre von weiteren Beteiligten.
So wird in Freiburg ein älterer Mann namens Johann Baptist Hilleson verhaftet, dem
gute Kontakte zu Scherer nachgesagt werden und der ebenfalls als Experte auf dem
Gebiet der Edelmetallherstellung gilt. Widenmeyer berichtet von einem Studenten,
der yzo ein Priester worden seye31, der ihm die Kunst der Unsichtbarkeit beibringen
wollte, was er, Widenmeyer, dann aber doch nicht ausprobiert habe. Über Mathis
Jacob sagt Widenmeyer aus, er habe mit magischen Künsten und Geisterbeschwörungen
geprahlt und ihm diese verkaufen wollen. Scherer gibt an, von einem
Landstreicher gehört zu haben, der Geister beschwören könnte. Die Herstellung von
Gold und Silber haben vor allem Scherer und der Pfarrer, in geringerem Maße auch
Jacob, häufig ausprobiert, ohne jedoch zu einem völlig befriedigenden Ergebnis zu
gelangen. Die Probestücke aus Silber und Gold scheinen nach den damals üblichen

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