Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
121.2002
Seite: 39
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2002/0039
Widenmeyer wurde wegen Diebstahls die Todesstrafe verhängt.61 Was uns hart erscheinen
mag, kann bei Kenntnis des damaligen Rechtsempfindens nicht überraschen
, da der Diebstahl als besonders schimpfliches Verbrechen galt.62 Dem entsprach
die Hinrichtung mit dem als entehrend angesehenen Strang63. Zwar war
Diebstahl nicht automatisch mit dem Tode belegt, doch waren bei Jacob, Widenmeyer
und ihren beiden Mittätern alle Verschärfungsklauseln etwa der CCC (Con-
stitutio Criminalis Carolina) einschlägig: die wiederholten Diebstähle waren nachts
per Einbruch erfolgt, die Beute überschritt jedes Mal bei weitem die bei fünf Gulden
liegende Grenze für den sogenannten kleinen Diebstahl64. Zudem handelte es
sich mit dem Stadtwechsel und der Universität um besonders markante und symbolische
Gebäude der Stadt. Als Todesart wurde für Jacob dann auch der Strang, für
Widenmeyer dagegen wegen sonderer erwißner gnad65 die Enthauptung durch das
Schwert, die „ehrenhafteste Todesstrafe"66 bestimmt. Das Gericht berücksichtigte
bei Widenmeyer also die eindrucksvollen Fürbitten seiner Freunde, zumal auch das
Begraben seiner Leiche erlaubt wurde und den Angehörigen die entwürdigende Zurschaustellung
des Leichnams an der Richtstatt erspart blieb. Dass sich das Gericht
nicht dazu durchringen konnte, Widenmeyer das Leben zu schenken, lag an der oben
angedeuteten Schwere der Tat. Hinzu kam, dass Widenmeyer im Januar 1602 schon
einmal in scharfer Form erfolglos ermahnt worden war, was an seiner möglichen
Besserung, wenn man ihn wieder verschonte, ernste Zweifel wecken musste. Urteil
und Hinrichtung der beiden zeigen zudem an, dass die magischen Praktiken und
Alchemie, aber auch der Münzverlag keine Rolle bei der Verhängung der Todesstrafe
spielten. Im Urteil wird nur der Diebstahl erwähnt, bei der Hinrichtung wurde auf
mögliche Strafverschärfungen, wie sie andere Zauberer, Alchemisten und Falschmünzer
trafen und in denen sich die Delikte gespiegelt hätten, verzichtet.67 Dass mit
dem Stadtwechsel ein besonders wichtiges Gebäude der Stadt Ziel der Einbrüche
wurde, lässt sich im Gegensatz zu anderen Kriminalfällen ebenfalls nicht an den
Strafen ablesen. So wurde etwa in Frankfurt am Main ein Einbruch in das Rathaus
mit Kirchendiebstahl verglichen und als Verletzung des Bürgereides gewertet, was
dann im Abhacken der rechten Hand des Diebs (vor dessen Hinrichtung) seine Spiegelung
fand.68 Über die Probleme bei Hinrichtungen informiert ein Nachtrag in den
Ratsprotokollen.69 Beim Rat waren Beschwerden eingegangen, dass der Henker
nach der Hinrichtung Jacobs und Widenmeyers und nachdem die städtischen Würdenträger
den Richtplatz verlassen hatten, die Hingerichteten unter üblen Flüchen
bis aufs Hemd entkleidet habe, was der noch immer zahlreich versammelten Menge
sehr missfallen habe. Warum der Henker dies tat, ist nicht bekannt. Möglicherweise
wollte er die Kleidungsstücke verkaufen, galten doch die Körper von Hingerichteten
im Volksglauben als wundertätig. Der Rat wollte solches Benehmen aber nicht
dulden und befahl, den Henker vorerst in den Christoffelturm zu legen.

Zusammenfassung

Die Untersuchung eines einzelnen Kriminalfalles darf nicht dazu verleiten, aus möglicherweise
nur für diesen Einzelfall zutreffenden Ergebnissen allgemeine Regeln
abzuleiten. Sie kann aber dazu verwendet werden, die Tragfähigkeit von For-

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