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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
121.2002
Seite: 55
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der Stadt verwiesener Mann da, der seine Existenzgrundlage verloren hat. Die Auseinandersetzungen
), die er zwischen 1614 und 1629 mit dem Rat der Stadt Freiburg
führt, sind Ausdruck von grundsätzlich verschiedenen Auffassungen von Recht und
Ehre. Pflueg hat eine feste Vorstellung von einem „ehrlichen" Leben. Diese Vorstellung
wird zwar offensichtlich von seiner Umwelt - zunächst seiner Familie und seinen
Angestellten, später den Nachbarn und Freunden und schließlich vom Rat -
nicht geteilt, Widerstand sieht Pfluegs Weltbild jedoch nicht vor. Manifestiert er sich
dennoch, kann es nicht „mit rechten Dingen" zugehen. Jedes Urteil stellt nun allerdings
nicht nur in der Theorie das Pfluegsche Weltbild auf den Kopf, sondern ist
gleichzeitig ein konkreter Angriff auf seine Ehre, mit unmittelbaren sozialen, psychischen
und finanziellen Folgen. Die Maßnahmen des Rats, die ihrerseits Pfluegs
Widerstand gegen die obrigkeitliche Vorstellung von Recht brechen sollen, bewirken
Gegenteiliges: Mit jeder Strafe nimmt Pflueg entschiedener die Rolle des Opfers von
„Un-recht" ein. Dabei bleibt Pflueg letztendlich auch nur eben diese Vorstellung von
dem, was Recht ist - den eigentlichen Kampf kann er nur verlieren. Der Fall Christoff
Pflueg ist die Geschichte einer eskalierenden Auseinandersetzung zwischen der
Obrigkeit und einem Untertan, dessen ungewöhnlich stark ausgeprägte - letztlich individuelle
- Auffassung von Recht und Ehre das innerstädtische Autoritätsgefüge in
Frage stellt. Aufgrund seines wenig überlegten, ungestümen Wesens und fehlenden
Einflusses ist Pflueg dabei von vorne herein zum Scheitern verurteilt. Nichtsdestotrotz
lässt er gegen Ende des Falls dem Rat ausrichten, dieser könne ihn küssen, wo
er hübsch sei ...mit vermelden Christoff Pflueg habe gesagt.88

Anmerkungen

1 Stadtarchiv Freiburg (StadtAF), Cl Criminalia 22 A Nr. 62.

2 StadtAF, B5 IIIc 4 Nr. 7, Urgichtbuch (1550-1628), S. 800a-802b; Urgicht = Geständnis.

3 StadtAF, B5 XHIa, Nr. 57, Ratsprotokolle (1624-1627), S. 331 f., 338, 340, 345 f., 22. August und
29. August 1625; B5 XHIa, Nr. 62, Ratsprotokolle (1629-1630), 14. März 1629; 6., 23. und 27. Juli
1629, 3., 6. und 20. August 1629, 3., 5., 7., 12. und 17. September 1629, 15. Oktober 1629 und 3.
November 1629.

4 Criminalia (wie Anm. 1), 2. August 1629.

5 Criminalia (wie Anm. 1), 16. Juli 1629, fol. 3r, Zeile 5 f.

6 Vergleiche Georg Schindler: Verbrechen und Strafen im Recht der Stadt Freiburg im Breisgau von
der Einführung des neuen Stadtrechts bis zum Übergang an Baden (1520-1806). Freiburg 1937, S.
210, Anmerkung 2, und Hillard von Thiessen: Die Kapuziner zwischen Konfessionalisierung und
Alltagskultur. Vergleichende Fallstudie am Beispiel Freiburgs und Hildesheims, 1599-1750 (= Diss.
Freiburg 2001). Freiburg 2002, S. 438.

7 Siehe Criminalia (wie Anm. 1), 2. Mai 1618, fol. lv, Z. 3; Criminalia (wie Anm. 1), 8. Juni 1624,
fol. 1 lv, Z. 15; Criminalia (wie Anm. 1), Responsalia, 19. Juli 1629, fol. 2v, Z. 10 ff.

8 Siehe Criminalia (wie Anm. 1), 6. Juli 1629, fol. lv, Z. 18 f. und Criminalia (wie Anm. 1), Responsalia
, 19. Juli 1629, fol. 3r, Z. 3-14; Das Dominikanerinnenkloster St. Agnes entstand 1284 und
befand sich außerhalb der Stadt südöstlich des Lehener Tors; siehe hierzu Ludwig Heizmann: Die
Klöster und Kongregationen der Erzdiöcese Freiburg in Vergangenheit und Gegenwart. München
1930, S. 171-173; Die Kapuziner hatten 1599 ein Stück Land in der Lehener Vorstadt geschenkt bekommen
. Kloster und Kirche wurden dort 1601 geweiht; zu den Kapuzinern siehe Petra Rohde:
Die Freiburger Klöster zwischen Reformation und Auflösung. In: Geschichte der Stadt Freiburg im
Breisgau. Hg. von Heiko Haumann und Hans Schadek. Stuttgart 1994, Band 2, S. 418-445, hier
S. 433 f.

9 Criminalia (wie Anm. 1), 8. Februar 1629; Criminalia (wie Anm. 1), 20. August 1629.

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