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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
121.2002
Seite: 59
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2002/0059
Zwei Fälle von Inzest und die Gutachten der Straßburger
Juristenfakultät aus dem Jahre 1683

Von

Moritz Isenmann

Im Jahre 1683 wurde der Freiburger Stadtregierung ein Fall von Inzest in Zarten bekannt
: Der Witwer Barthel Kühnlin sollte mit seiner unmündigen, 12 Jahre alten
Tochter Maria Unzucht getrieben haben. Der Fall kam vor den Rat der Stadt Freiburg
;1 der begann, von Amts wegen (ex officio) in dieser Sache eine Untersuchung
durchzuführen. Der in Freiburg ansässige Bürger unterstand, wenn er nicht Geistlicher
oder Student war, allein der Freiburger Gerichtsbarkeit, da die Stadt vom Landgericht
eximiert war und mit ihrer nächsten Umgebung seit ihrer Gründung einen
eigenen Gerichtsbezirk bildete.2 Es gab zwei Gerichte in Freiburg, das Gericht von
Bürgermeister und Rat, und das Stadtgericht. Letzteres war, wie es im neuen Stadtrecht
von 15203 festgehalten wurde, für alle Zivilangelegenheiten zuständig.4 Nach
mehrmaligen Änderungen gehörten seit 1464 zur Blutgerichtsbarkeit 24 Ratsherren,
drei geheime Räte als Ankläger und zwei Turmherren, die das Gefängniswesen verwalteten
und Untersuchungsrichter waren.5

Die im Fall Kühnlin von den Freiburgern eingeleiteten Schritte können anhand der
im Ratsbuch der Stadt Freiburg dazu vermerkten Beschlüsse6 und zweier Rechtsgutachten
(vom 8. April und vom 17. Juni 1683) nachvollzogen werden, die der Rat
von der Straßburger Juristenfakultät einholte.7 Da die Anfrage bei dem Spruchaus-
schuss einer Juristenfakultät eine Auskunft über die richtige Anwendung einer Norm
oder eines wissenschaftlichen Lehrsatzes auf den vorgetragenen Tatbestand darstellte
und dieser nach dem gemeinen Prozess aktenkundig sein musste, wurden die
Fakultätsgutachten auf Aktenversendung hin erstattet.8 Die Straßburger Universitätsjuristen
fertigten die Gutachten auf der Grundlage der ihnen aus Freiburg übersandten
Inquisitionsprotokolle und anderer, jedoch nicht aufgefundener Berichte an.
Die Inquisitionsprotokolle werden an den entscheidenden Stellen von den Straßburger
Gutachtern ausführlich zitiert.

Die Obrigkeit stellte also Untersuchungen an und ließ das Mädchen von Hebammen
untersuchen, die ihren Bericht unter Eid erstatten mussten. Die Hebammen erfuhren
von Maria Kühnlin, dass sich der Vater vier mal an ihr vergangen habe,9 und
was er gemacht hatte, führte sie ihnen mit den Fingern vor.10 Die Hebammen kamen
zu dem Schluss, dass dem Mädchen Gewalt angetan worden sei.11 Aufgrund
dieser Feststellung wurde Bartel Kühnlin verhaftet.12 Als unwidersprochenen Sachverhalt
ermittelten die Freiburger Inquisitoren während der ersten Verhöre, dass
Bartel Kühnlin angeordnet hatte, obwohl es anscheinend in seinem Hause nicht an
Betten gefehlt hatte, die jüngere Tochter Maria solle bei ihm und die ältere Tochter

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