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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
121.2002
Seite: 132
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Für die weiterreichende Bedeutung dieses internationalen Treffens muss man sich
indes vergegenwärtigen, dass eine öffentliche Begegnung selbst des Diplomatischen
Korps' und damit des französischen Botschafters mit dem Reichspräsidenten Friedrich
Ebert erstmals nach dem Kriege im Januar 1922 anlässlich des Neujahrsempfangs
möglich geworden war. Zu sehr belasteten die Reparationsbedingungen das
Verhältnis Deutschlands zu den Alliierten. Dieses Problem eskalierte nach dem
Regierungswechsel in Frankreich im April unter Raymond Poincare mit dessen
unnachgiebiger Haltung gegenüber Deutschland, verbunden mit einem hohen Inflationsanstieg
im August, dann der Ausweisung mehrerer Hundert Deutscher aus
Elsass-Lothringen, der Drohung Ende November und schließlich auch vollständigen
Besetzung des Ruhrgebiets am 11. Januar 1923 durch französische und belgische
Truppen, weiter und rief die schwerste Krise der jungen Weimarer Republik hervor.
Der Freiburger Joseph Wirth, als „Erfüllungspolitiker" bekannt gewordener Reichskanzler
seit Mitte 1921, war mit seinem durchaus akzeptablen Verständigungs-, Wiederaufbau
- und Versöhnungsprogramm zu diesem Zeitpunkt längst zurückgetreten.
Die äußerst repressiven politischen Konditionen Poincares dämpften den Optimismus
unter den versöhnlich gestimmten Menschen diesseits und jenseits des Rheins
in der Frage der Annäherung beider Völker und führten zu einem Verlust des Vertrauens
in die Zukunft, doch keineswegs in die Hoffnungslosigkeit. Dies wurde beispielsweise
zur Jahresmitte deutlich, nachdem in der Reparations- und Besatzungsfrage
selbst Pius XI. mit einem Offenen Päpstlichen Brief an den Kardinalsstaatssekretär
vom 27. Juni interveniert und dazu aufgerufen hatte, Gebietsbesetzungen zum
Nutzen der Versöhnung durch weniger „gehässige" Maßnahmen zu ersetzen.21

Nun hatte bereits der „Friedensbund Deutscher Katholiken" seinen Dritten Internationalen
Demokratischen Friedenskongress mit Hilfe von Teilnehmern aus Frankreich
für den 4. bis 10. August im grenznahen und entmilitarisierten Freiburg geplant
, nachdem französische Truppen im Februar 1923 die Stadt Offenburg und
Appenweier und im März die Rheinhäfen Mannheims und Karlsruhes besetzt,22 die
süddeutsche Großstadt im Breisgau allerdings ausgespart hatten. Dieser Kongress,
der bei der Stadtverwaltung und den örtlichen Mandatsträgern auf zunächst sehr
starke Ablehnung stieß, erfuhr letztlich jedoch eine akzeptable Förderung. Positiv
dazu beigetragen haben könnte der Offene Brief des Papstes. Höchst bemerkenswert
für den Verlauf des Kongresses war die Haltung des französischen Hauptredners,
Marc Sangnier, „der bei jeder Gelegenheit die Politik Poincares heftigst kritisierte
[ ... ]. Der Umstand, dass eine von einem französischen Politiker geführte internationale
Friedensorganisation sich gegen die Besetzung des Rheinlandes aussprach,
war eine politische Sensation, die der katholischen Friedensbewegung in Deutschland
die Aufmerksamkeit der Medien sicherte und zugleich ihre Bedeutung für die
deutsch-französische Verständigung unterstrich".23

Die Haltung des Franzosen Sangnier gegen die Politik der eigenen Regierung, die
der katholischen Öffentlichkeit Freiburgs als Sensation erschienen sein mag, war
nach freimaurerischen Maßstäben im Bereich des eher schon zu Erwartenden. So
dominierte auch in den Großlogen keineswegs Hoffnungslosigkeit, sondern es war
zwischen den grenznahen französischen Bauhütten im Elsass und der jungen Freiburger
FZAS-Loge „Zur Brudertreue" zu einem zunehmend regen Besucherverkehr

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