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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
121.2002
Seite: 153
(PDF, 49 MB)
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getauscht, später sogar Liebschaften gebeichtet.14 Über Käthe Vordtriede selbst
wurde in den Briefen oft „diskutiert", denn beide Kinder hatten ihre Schwierigkeiten
mit der sehr selbstbewussten und fortschrittlich eingestellten Mutter, die nach
übereinstimmendem Empfinden der Geschwister ihren Kindern gegenüber leicht zur
Intoleranz neigte.15

Fränze besuchte seit Ostern 1923 das Mädchen-Realgymnasium am Holzmarktplatz
in Freiburg und bestand dort sieben Jahre später das Abitur. In ihrer Klasse war
sie das einzige Mädchen, das im „Arbeiterstadtteil" Haslach wohnte, während die
anderen Schülerinnen aus weit „besseren" Vierteln kamen.16 Während ihrer Schulzeit
engagierte sie sich in der Wandervogelbewegung. Dies wurde von der Mutter
unterstützt, da diese ebenfalls Mitglied einer Gruppe aus der Jugendbewegung, der
„freideutsche(n) Jugend", gewesen war.17 In den Sommerferien wurde Fränze von
Käthe Vordtriede gern als Betreuerin bei der „örtlichen Erholungsfürsorge" eingespannt
. Auf St. Ottilien hatte die Mutter ein Arbeiterwohlfahrtsheim eingerichtet, wo
alljährlich 125 „Proletarierkinder" versorgt und aufgepäppelt wurden.18

Zum Sommersemester 1930 immatrikulierte sich Fränze an der Albert-Ludwigs-
Universität. Sie belegte „Neuphilologie mit Englisch als Hauptfach und neuerer Geschichte
und neuerer deutscher Literaturgeschichte als Nebenfach".19 Ihre ersten Semester
konnte sie anscheinend ohne persönliche Einschränkungen als eine Studentin
unter vielen verleben. Sie verbrachte ihre gesamte Studienzeit in Freiburg. Einen
Hochschulwechsel hat sie, soweit bekannt, wohl vor allem aus finanziellen Gründen
nie ins Auge gefasst.20 Fränze erhielt - wie andere Studierende auch - Honorarerlass
und wohnte weiter bei Bruder und Mutter in einer Siedlung des genossenschaftlich
organisierten Bauvereins in der Fichtestraße im Stadtteil Haslach.21 Sie war eine begeisterte
Tänzerin und Kinogängerin, wanderte und musizierte viel, fuhr im Sommer
mit dem Faltboot auf dem Rhein, wo sie auch gerne badete - war ihre Mutter dabei,
mit Badeanzug, war sie nicht dabei, auch mal nackt.22

In dem Anglisten Friedrich Brie sollte sie einen Lehrer finden, der bereit war, ihre
Dissertation zu einem avantgardistischen Thema anzunehmen. Fränze Vordtriede promovierte
über den „Imagismus", eine Strömung in der zeitgenössischen britischen
und amerikanischen Literatur, die als Spielart des Expressionismus einzuordnen ist.
Eine andere Ausbildung als die akademische stand für sie offenbar nie zur Diskussion
. Die Frage, ob es für eine junge Frau überhaupt sinnvoll sei, einige Jahre an der
Universität zu verbringen, wurde im Vordtriedeschen Haushalt nie gestellt - „heiraten
und damit versorgt sein" waren dort eher abwegige Zielvorstellungen, zumal die
Mutter für sich ein ganz anderes Frauenbild beanspruchte und konsequent lebte.

Nach der Machtübernahme der Nazis an der Freiburger Universität, personifiziert
durch den Rektoratsantritt Martin Heideggers, gestaltete sich ab Frühjahr 1933 der
Hochschulalltag für Fränze Vordtriede zunehmend unangenehm, ja gefährlich. So
sah sie die Anerkennung ihrer bereits weit fortgeschrittenen Dissertation nicht zuletzt
wegen der sofort einsetzenden Verfolgungsmaßnahmen massiv gefährdet. Die
Verhaftung ihrer Mutter am 14. August 1933 wurde schon nach wenigen Stunden bei
der Universität gemeldet, Fränze selbst „als politisch gefährliches Subjekt angezeigt
".23 Man setzte sie sofort auf die „schwarze Liste als angebliches Mitglied der
republik(anischen) Stud(enten)gruppe".24 Diese war ebenso wie alle anderen „kom-

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