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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
121.2002
Seite: 156
(PDF, 49 MB)
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nicht nötig, 1 in mich verliebter Beamter u. ich haben 1 passenden § ausgeknobelt.
Doktor kann ich auch machen, sogar mit Ermäßigung, nur kein Erlaß mehr u. keine
Mensamarken!"40 Den Einfluss dieses Beamten scheint sie überschätzt zu haben. In
ihrem offiziellen Lebenslauf stellte sie ihre Zwangsexmatrikulation als freiwilligen
Schritt dar: „Im Dezember 1933 ließ ich mich exmatrikulieren, um meine Arbeit
vollenden zu können und besuchte im W.S. 1933/34 noch einige Kollegs als Hörerin
."4!

Der neue Status brachte neue Unsicherheiten, auch finanzielle Schwierigkeiten,
da Fränze gleichzeitig von diversen Vergünstigungen ausgeschlossen wurde.42 Sie
empfand ihre Lage als so unerträglich, dass sie mit dem Gedanken spielte, ihre Dissertation
im Ausland einzureichen. Auch dies schien jedoch keine sichere Lösung zu
sein: „Ob Basel meine Arbeit annehmen würde, ob ich überhaupt rüber käme, weiß
ich auch nicht. Gerade trotzdem will ich weg von hier, je eher, je besser."

Eine große Enttäuschung bedeutete zudem das Verhalten der Kommilitoninnen
und Kommilitonen, was Käthe Vordtriede lapidar so kommentierte: „Ein philologischer
Kollege meiner Tochter nach dem andern fiel um und grüsste uns im braunen
Hemd mit Hitlergruss, ganz harmlos, denn sie vergessen schnell, dass sie früher anders
dachten."43 Fassungslos musste Fränze mit ansehen, wie die Nazi-Propaganda
in ihrem persönlichen Umfeld Wirkung zeigte. Ihre Bekannten machten ihr gar wegen
ihrer politischen Einstellung schwere Vorwürfe, denn sie „glauben, wir lehnten
Adolf zu einseitig ab. Sie glauben wahrhaftig, hier gebe es keine Arbeitslosen
mehr!!"44 Ihrer Schulfreundin Emilie Fexer steht noch heute deutlich vor Augen,
welchen Stress die Veränderung ihrer Umgebung bei Fränze hervorrief: „Ich habe
sie dann mal getroffen, da war schon 's Dritte Reich, und da war sie furchtbar ängstlich
. (...) Sie hatte wohl Angst, ich verrate sie."45

Dass sich unter derartigen Umständen die Fertigstellung ihrer Dissertation verzögerte
, nimmt kaum Wunder.46 Ende 1934 endlich war es so weit: Fränze Vordtriede
hatte ihre Arbeit fertiggestellt und eingereicht, diese war angenommen worden und
sie konnte sich zum Rigorosum anmelden. Offensichtlich hatte sie große Angst vor
den Prüfungen. Ihre scharfzüngige Mutter beschrieb die Situation so: „Morgens
brachte ich sie bis vors Dekanatszimmer, da war sie eine halbe Leiche, die ich zum
Schafott schleppen musste." Die Aufregung war keineswegs unbegründet, wie sich
alsbald herausstellen sollte. Nüchtern resümierte Käthe Vordtriede, worum es bei der
Prüfung tatsächlich ging: „Im letzten Augenblick wäre fast alles wegen Aly und
Witkop gescheitert, die sie aus politischen Gründen absolut nicht promovieren lassen
wollten. Nun haben sie wenigstens erreicht, dass die Note von einem guten „cum
laude" auf „rite" heruntergedrückt wurde. (...) Fränze hat bis auf drei Fragen alles
bei Witkop gewusst, trotzdem hat er ihre Leistungen aufs gehässigste heruntergemacht
. Korreferent für die Arbeit war Heiss, der sehr für Fränze eintrat, ebenso Ritter
, bei dem sie im Mündlichen glänzend abschnitt. (...) Auch Dragendorff und
Kolbe waren für Fränze, so dass Aly schliesslich jämmerlich abtreten musste." Anscheinend
hatte Friedrich Brie sie in allen Details über den Verlauf des Verfahrens
informiert, denn Käthe Vordtriede ermahnte ihren Sohn: „Diese Einzelheiten darfst
Du niemand (...) erzählen, denn die Konferenz ist streng geheim zu behandeln, aber
Du kennst ja unsere Quelle."47 Auch Fränze war bewusst, dass sie ihr Promotions-

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