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Das Projekt „Städtische Musikschule" war aber keineswegs vergessen. Jetzt war
es der Komponist Julius Weismann, der um Wiederaufnahme der Verhandlungen
nachsuchte. Namhafte Freiburger Bürger setzten sich ebenfalls dafür ein, unter
ihnen die Stadträte Grumbach und Mayer sowie Prof. Gurlitt, der einer solchen
Gründung nun positiv gegenüberstand. Als günstig erwies sich, dass das zwischenzeitlich
anderweitig genutzte Gebäude am Karlsplatz 26-30 wieder zur Verfügung
stand. Nur schien die wirtschaftliche Situation aber eine Verwirklichung in
weite Ferne zu rücken. Der ursprüngliche Initiator der Musikschule, Hermann Erpf
- inzwischen Direktor der städtischen Folkwangschulen in Essen -, bekundete erneut
sein Interesse. Es bestehe zurzeit eine allgemeine Tendenz, die Musikschulen, vor
allem die mit Hochschulcharakter, zu verstaatlichen, schrieb er. Das würde eine
finanzielle Entlastung für die Stadt bedeuten. Würden aber Stadtrat und Bürgeraus-
schuss in der Versammlung am 3. Mai 1930 der Errichtung eines Musikseminars zustimmen
, mitten in der Weltwirtschaftskrise? Das badische Unterrichtsministerium
wollte immerhin 30.000 Reichsmark aus Mitteln des Grenzfonds zur Verfügung stellen
, die Stadt jährlich 12.000 Mark zuschießen. Vorerst sollte es sich noch um ein
privates Unternehmen handeln, dessen staatliche Anerkennung als Seminar jedoch
vorgesehen war. In der Abstimmung wurde die Vorlage mit großer Mehrheit angenommen
. Die Sozialisten, unter ihnen Max Mayer, waren dafür, während drei demokratische
Stadträte dagegen stimmten. Anstelle des ursprünglich vorgesehenen Vollkonservatoriums
mit 350-500 Schülern wurde nun ein Musikseminar für Fachmusiker
geplant - eine Vorwegnahme der späteren Musikhochschule, allerdings ohne
Instrumentalunterricht.
Das „Musik-Seminar der Stadt Freiburg i. Br."
1930 war es dann soweit: Vier renommierte Musiker gründeten das „Musik-Seminar
der Stadt Freiburg i. Br.", zunächst auf dem Fundament eines privaten Musikseminars
. Drei der Gründer sind uns bereits bekannt: Erich Doflein, Erich Katz und der
Konzertorganist Ernst Kaller, neu hinzu kam der Komponist Julius Weismann.9 Als
Geschäftsführer amtierten Weismann und Doflein. Stadtrat Robert Grumbach setzte
sich ebenso wie Max Mayer sehr für das neue Musik-Seminar ein und entwarf den
Gesellschaftsvertrag, ohne ein Honorar zu nehmen.
Julius Weismann wurde am 26. Dezember 1879 in Freiburg als Sohn des
Zoologieprofessors August Weismann geboren. Er spielte ausgezeichnet Klavier
und begann schon in frühen Jahren zu komponieren. Bei Josef Rheinberger
in München erwarb er sich erste Grundlagen in der Kompositionslehre, die
er nach einem Abstecher in Berlin bei Louis Thuille in München ergänzte. Bis
1905 blieb er in der bayerischen Hauptstadt und kehrte dann nach Freiburg
zurück. Als Sanitäter leistete er von 1914 an bis zur Freistellung aus gesundheitlichen
Gründen 1915 Kriegsdienst jenseits des Rheins. Ein ansehnliches
Oeuvre - über 150 Werke - entstand in den Zwanzigerjahren, darunter allein
fünf Opern. Der Verlust des Vermögens in der Inflationszeit zwang ihn, Unterricht
zu erteilen und Konzerte zu geben. In der nationalsozialistischen Ära er-
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