Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
121.2002
Seite: 230
(PDF, 49 MB)
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sehen Versippung" war nicht mehr die Rede. Die Frauen wurden jetzt dringend gebraucht
, nicht nur in der Rüstungsindustrie. Die Musik genoss aber immer noch eine
solche Vorzugsstellung, dass musisch besonders begabte Schüler „vom Zugriff der
Arbeitsämter", d. h. vom Arbeitseinsatz, befreit bleiben sollten. Inzwischen zählte
die Städtische Musikschule das Doppelte an Schülern wie vor dem Krieg: rund
1.200! Nach diesem Zenit brach dann das musikalische Leben zusammen. Im Zuge
des „totalen Kriegseinsatzes" schlössen Ende August 1944 die Musikschulen. Der
Privatunterricht ging noch weiter, allerdings sehr zum Missfallen des Leiters der
Städtischen Musikschule. Er befürchtete, dass man nach der Wiedereröffnung der
Schulen mit dem Aufbau einer Schülerschaft - die jetzt von den Privatlehrern abgezogen
wurde - von vorne beginnen müsse. Daher solle man doch die nicht-einsatzpflichtigen
Lehrkräfte beispielsweise zur Heimarbeit animieren. Der Oberbürgermeister
reagierte schnell und veranlasste die zuständige Stelle, privaten Musikunterricht
künftig zu untersagen. Das war im September 1944. Zwei Monate später, am
27. November 1944, zerstörten Bomben das Musikwissenschaftliche Seminar und
die Praetorius-Orgel.28 Das Musikleben der Stadt verlor an Bedeutung, in der Städtischen
Musikschule wurden keine zackigen Soldatenlieder mehr gesungen.

Von der „Ecole Superieure de Musique" zur
„Staatlichen Hochschule für Musik"

Am Abend des 21. April 1945 rückte die französische Besatzungsmacht in eine Stadt
voller Trümmer ein. Von der Universität standen etwa noch 20 Prozent der Gebäude,
das Musikwissenschaftliche Seminar war völlig zerstört. Trotz der außerordentlich
schwierigen Wohn- und Lebensverhältnisse unter der französischen Militärmacht
regte sich bald das Interesse an der Musik wieder. Bereits am 23. Juli 1945, kurz
nach der Übersiedlung der Militärregierung nach Freiburg, setzte sich Gurlitt für die
Gründung einer Städtischen Musikschule ein - allerdings ohne Erfolg.29 Zur selben
Zeit überreichte Landrat Bröse von der Handels- und Gewerbekammer der Stadt ein
Expose, in dem er die Gründung einer „Singeschule" befürwortete, selbstredend
ohne nationalsozialistischen Einschlag, nur „um das unendlich reiche musikalische
Erbe, besonders auch das Volkslied" wieder zu stärken. Der Vorschlag fand sogar
Gefallen und sollte durchdacht werden.

Am 25. Oktober ließ Stadtoberrechtsrat Brandel Erkundigungen über den Aufbau
einer Musikschule, nicht aber einer „Singeschule", einziehen. Mit dieser Aufgabe
sollte Gurlitt betraut werden, der am 8. Mai - einen Tag nach der bedingungslosen
Kapitulation - wieder in sein Amt eingesetzt worden war, mit vollem Einverständnis
der französischen Militärregierung. Mit sichtlicher Genugtuung setzte er erstmals
nach acht Jahren wieder „o. Prof. der Universität" unter seinen Namen. Wäl-
termann, der in der NS-Zeit die Musikschule verwaltet hatte und später nach Straßburg
ging, sollte ihm zur Seite stehen. Die Nationalsozialisten waren ja nicht
verschwunden, sondern lediglich untergetaucht. Wältermann hatte auch schon eine
Stelle an der Freiburger Konzertzentrale gefunden. Die französische Militärregierung
reagierte positiv, und Wältermann unterbreitete bald Vorschläge. Sinnigerweise
legte er einen Prospekt von 1941 bei mit dem Bemerken, man könne alle dort ange-

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