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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
121.2002
Seite: 268
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Die andere oppositionelle Gruppe, wenngleich weniger militant, bildeten die schon assimilierten
Juden. Sie glaubten, die antisemitischen Tendenzen, wie sie sich in den neuen Nationalstaaten
zeigten, würden früher oder später von selbst verschwinden. Man müsse sich nur
zielstrebig genug den gesellschaftlichen Verhältnissen in den Gastländern angleichen. Es ist
deshalb kein Wunder, dass der Zionismus in denjenigen Staaten, in denen diese Entwicklung
am erfolgreichsten verlief, kaum auf große Resonanz stieß.

Einen Sonderfall bilden dabei die USA. Dorthin waren nicht nur viele bedrängte Juden geflüchtet
, sondern auch zahlreiche andere, meist religiös Verfolgte aus Europa. Wie viele Juden,
so betrachteten auch sie die Vereinigten Staaten als das gelobte Land. Es ist demnach nicht erstaunlich
, dass in den jüdischen Zirkeln Amerikas die zionistische Bewegung kaum gedieh.

Herzl und seine Nachfolger mussten sich dem hingegen mit einer Unterstützung der zionistischen
Idee befassen, wie sie zunächst nicht selbstverständlich schien: Auch zahlreiche Nicht-
juden machten sich nämlich die Aktivitäten Herzls zueigen, freilich aus den unterschiedlichsten
Beweggründen. Da tauchten pragmatische, religiöse und humanitäre Gründe auf, die der
Erkenntnis entsprangen, dass die „Lösung der Judenfrage", wie man sie sehr bald nannte, am
besten mit der Gründung eines eigenen Staates geschehen könne. Andere wiederum hatten ökonomische
Motive. Man hoffte sich durch die Auswanderung der Juden einer lästigen Konkurrenz
zu entledigen. Aber auch nationalistische und faschistische Gruppierungen unterstützten
aus vordergründigen Überzeugungen die Emigration von Juden, jedenfalls bis zu dem Ent-
schluss der Nationalsozialisten, diese Volksgruppe in Europa insgesamt auszurotten.

Von Beginn an war es den Zionisten klar, in welcher Region dieser Erde sich die Juden wieder
vereinigen sollten: in Palästina, dem Land aus dem sie einst vertrieben wurden, und wo
sich immer noch ihre heiligen Stätten befanden. Am Ende des 18. Jahrhunderts, so geht aus
dem Band hervor, lebten dort unter osmanischer Herrschaft etwa 200000 Menschen, von
denen 90 % Muslime waren. Bis zum Beginn des I. Weltkrieges - als Folge des zionistischen
Gedankens und vieler Pogrome vor allem in Osteuropa - wanderten zahlreiche Juden in dieses
Gebiet ein und bildeten viele Kolonien. Dies, obwohl die türkischen Behörden die Immigration
oftmals massiv zu verhindern suchten. Aber auch als Großbritannien nach dem I. Weltkrieg
das Mandat über Palästina erhielt, blieb die Einwanderung beschränkt. London versuchte
stets zwischen arabischen und jüdischen Interessen zu lavieren.

Es hatte sich nämlich bald herausgestellt, dass eine friedliche Koexistenz von Juden und
Arabern nicht zustande kam, obwohl dies bei den Zionistenkongressen immer wieder gefordert
wurde. Die eingewanderten Juden, meist europäischer Kultur und Zivilisation verpflichtet
, fühlten sich der einheimischen Bevölkerung schnell auf vielen Gebieten überlegen und
ließen dies die Palästinenser auch spüren. Die Araber wehrten sich vehement dagegen, aus
ihren Wohngebieten verdrängt zu werden und beurteilten die ihnen fremde Lebensweise als
Angriff auf ihre Tradition. Es kam zu fortwährenden wilden Aufständen, gegenseitigen Massakern
und anderen Unrechtshandlungen. Verschärft wurde dies alles noch durch die Forderung
der Palästinenser, auch ihrerseits, wie es ihnen die Einwanderer vormachten, einen eigenen
Staat zu gründen.

Während es bis zum Ende des II. Weltkriegs durchaus zweifelhaft schien, ob jemals ein
Staat Israel von den großen Mächten akzeptiert werden würde, gab der Holocaust für die
Gründung eines Judenstaates wohl den entscheidenden Anstoß. Jetzt wollte sich kaum jemand
mehr der Forderung nach einer Heimstatt für alle Juden widersetzen, wie sie seit dem 1. Zio-
nistenkongress 1891 in Basel immer wieder gefordert worden war. Theodor Herzls Tagebucheintrag
nach dem Kongress: „in Basel habe ich den Judenstaat gegründet", hatte demnach
seine, wenn auch postume Berechtigung.

Trotz der Schaffung eines Landes Israel sind die Probleme aber geblieben. Die vorsichtige
Annäherung zwischen Arabern und Juden, wie sie noch bis zum Sommer 1996 versucht wor-

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