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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
122.2003
Seite: 78
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2003/0078
voyischer Einwanderung eindeutig in der französischen Besatzungszeit ab 1677. Die Michon,
die Brüder David aus Burgund, die Versel und andere fassten damals Fuß in der Stadt. Andererseits
: Nachdem die Franzosen wieder abgezogen und der Spanische Erbfolgekrieg begonnen
hatte, wurden alle Freiburger Zünfte befragt, welche Elsässer und Welschen, die als politisch
unzuverlässig, d.h. als potenzielle Anhänger der Krone Frankreich galten, sich zur Zeit
der Fremdherrschaft eingenistet hätten. Das Ergebnis fiel angesichts von vielleicht 6.000 Einwohnern
bescheiden aus. Aus allen Zünften zusammen wurden lediglich 66 Fremde gemeldet,
von denen aber 31 aus dem ehemals französischen Breisach und dem Elsass, einer aus den Niederlanden
, 3 aus Burgund, 12 aus Frankreich und 19 aus Savoyen stammten. All diese Fremden
mochten mit ihren Familien zusammen vielleicht fünf Prozent der Bevölkerung repräsentiert
haben, wobei noch zu berücksichtigen ist, dass deren Ehefrauen in der Regel Deutsche
waren. Somit war von massiven Einwanderung, die Friedrich Noack beschrieben hat, nach
1698 nicht mehr viel übrig geblieben. Fortan war es für die Welschen wieder schwierig, als
Bürger angenommen zu werden, selbst wenn sie aus den von Österreich verwalteten norditalienischen
Provinzen stammten. So wurde 1715 Peter Josef Pino vom Corner See mit Spott
und Schande abgewimmelt.12

Für diejenigen, denen die Einbürgerung in einer Stadt wie Freiburg nicht gelang, bot Südwestdeutschland
Ausweichmöglichkeiten. Würde man Karl Martins Funde statistisch aufbereiten
, könnte die Rolle der kleineren Adels- und Klosterorte im Reich in puncto Einwanderung
gar nicht hoch genug bewertet werden. Dort waren die Aufnahmebedingungen weitaus
günstiger als in der auf Abschottung bedachten Universitäts-, Garnisons- und Beamtenstadt
Freiburg. Wahrscheinlich jeder noch so kleine Marktort in Vorderösterreich hatte „seinen"
„welschen Krämer".

Der zweite Aspekt betrifft die Integration der aufgenommenen Savoyer in den drei untersuchten
Städten. Sie wurde von den Magistraten übereinstimmend über Heiratsauflagen gesteuert
. Deshalb dominieren Heiratsverbindungen männlicher „welscher" Zuwanderer mit einheimischen
, meist deutschen Witwen. Heiraten unter Landsleuten fanden in der Regel erst
dann statt, wenn eine savoyische Familie bereits in der zweiten Generation am Ort ansässig
war. Solche Heiraten setzten also eine - oft lange zurückliegende - erfolgreiche Integration zumindest
einer Familie voraus.13

Auch wenn die Quellen zu den zeitgenössischen Vermögenssteuern gewaltige Tücken haben
und auch vor hunderten von Jahren die Steuerhinterziehung allgemein beliebt war, kann
drittens doch als gesichert gelten, dass savoyische Haushalte nach erfolgreicher Einbürgerung
relativ hohe Steuern zahlten. Eher unbedeutende Krämer entrichteten immerhin noch die Sätze
eines Handwerksmeisters; Großkaufleute zahlten in absoluten Zahlen die höchsten Beträge in

12 Zunftumfrage in: StadtAF, Cl Polizeisachen 13, Nr. 6, Umfrageergebnisse 21.-30.12.1707, teilweise o.D.; Friedrich
Noack: Die französische Einwanderung in Freiburg i.Br. 1677-1698. In: Vierteljahrschrift für Sozial- und
Wirtschaftsgeschichte 23, 1930, S. 324-341; Zürn (wie Anm. 1), S. 153-158; zum Konflikt um Aymonart unter
Beteiligung der Balliererbruderschaft siehe auch die bislang unbeachteten Suppliken des Schwiegervaters Hans
Wirt und der Bruderschaft 1596-1598, in: StadtAF, Cl Gewerbe und Handel 57, o.Nr. (unverzeichnet), sowie
StadtAF, B5 XHIa, Ratsprotokoll Bd. 39, fol. 512r ff., 515v f., 554r f.; ebd. Bd. 40, fol. 4v, 61r ff., 26.10.1598-
10.03.1599; zu Pino StadtAF, Cl Bürgeraufnahme Fasz. 75. Darin befindet sich u.a. ein Spottgedicht auf Pino,
gedruckt in: Martin Zürn: Savoyarden in Oberdeutschland. Zur Integration einer ethnischen Minderheit in
Augsburg, Freiburg und Konstanz. In: Kommunikation und Region. Hg. von Carl A. Hoffmann u. Rolf KIEßling
(Forum Suevicum Bd. 4). Konstanz 2001, S. 381-419, hier S. 411. Siehe schließlich StadtAF, Cl Gewerbe
und Handel 18, Nr. 10; ebd. 52, Nr. 29.

13 Zürn (wie Anm. 12), S. 402-407. Die dortigen Samples der Heiratsdaten wurden durch weitere Quellenbearbeitungen
beträchtlich erweitert. Die abschließende Auswertung steht noch aus. Die aktualisierten Zahlen zu
Augsburg in: Martin Zürn: Wirtschafts- und Sozialbeziehungen savoyischer Einwanderer in Augsburg, Freiburg
und Konstanz in der Frühen Neuzeit. Vortrag auf der 1. Tagung des ,Irseer Arbeitskreises für vormoderne
Wirtschafts- und Sozialgeschichte' (23.-25. März 2001). In: http://www2.ruf.uni-freiburg.de/histsem/minderhei-
ten/vortrmi.htm.

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