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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
122.2003
Seite: 87
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2003/0087
Andreas Morell über 1.000 Gulden unterstützt.46 Nun war Morell junior eine Art Sparkassenvorstand
, zuständig für Einlagen und Kredite Freiburger Bürger. Leider verstand er zwischen
den Interessen der Stadt und denen einer Verwandtschaft nicht sauber zu trennen, obwohl ihm
und dem Kollegen rasch eingeschärft wurde, sich den Ordnungen entsprechend zu verhalten
und sich nicht in Geschäften mit verbotenen Münzen zu engagieren.47

Doch schon im März 1601 erschien eine Straßburger Ratsgesandtschaft in Freiburg und
wollte Hans Rieher, Hans Ludwig Morell als Stadtwechsler sowie die Kaufleute Christoph
Ulrich, Hans Ulrich Stock, Amtschreiber Andreas Morell, Hans Jakob Kütt, Jakob Morell in
Konstanz und Hans Ulrich Härder in Schaffhausen als Bürgen in Anspruch nehmen. Diese Personengruppe
hatte sich für die Salzgeschäfte des Straßburger Stadtwechslers Matthias Karcher
im Wallis und in Savoyen verpflichtet, für die Karcher von seiner Heimatstadt 25.000 Gulden
erhalten hatte. Die Bürgschaft war ohne Kenntnis des Freiburger Magistrats abgegeben worden
.48 Mit dieser Forderung platzte die Chance der Stadt Freiburg, ihrerseits Schadenersatz von
den Wechslern zu bekommen. Diese hatten nämlich im Jahre 1600 Anthonj Felsen dem Gewerbsmann
von Lindow aus dem Wechsel 15.000 Gulden in vorübergehend verrufenen Münzen
geliehen, zu verzinsen mit 8 Prozent. Doch statt das Geld wie versprochen auf der Straßburger
Weihnachtsmesse zurückzuzahlen, sei Fels geflohen. Derowegen [seien] dann sye die
alhieige Wechßler wegen besorgenden Verlußts zum höchsten erschrockhen und hätten beim
Straßburger Stadtwechsel Erkundigungen über Fels eingezogen. Dort hätten sie erfahren, dass
Fels den Elsässern weitere 40.000 Gulden schulde. Straßburg hatte den Freiburger Wechslern
angeboten, gemeinsam mit Freiburg ins Geschäft einzusteigen, das in Genf liegende Salz des
Bankrotteurs mit Arrest zu belegen bzw. ganz an sich zu bringen, hatte dafür aber eine Beteiligung
von zusätzlich 10.000 Gulden verlangt. Die Freiburger Wechsler hatten daraufhin nach
vorgelegten Briefen 7.000 Gulden in bar übergeben, den Rest versprachen sie binnen 14 Tagen
zu liefern. Ferner ritt Hans Ludwig Morell mit Georg Schalland, einem weiteren Savoyer
aus Konstanz, nach Lindau, um dort die Güter des Anton Fels mit Arrest belegen zu lassen.49
Der weitere Verlauf des Wirtschaftsskandals lässt sich unter drei Aspekten nachzeichnen. Es
ging erstens um das Verhältnis zwischen den Städten Straßburg und Freiburg und um ihre internationalen
Beziehungen, zweitens die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung und die savoy-
ischen Vermögen und drittens um den Zerfall des savoyisch-deutschen Verwandtennetzes in
Freiburg und Konstanz.

Straßburg hatte relativ leichtes Spiel, als sich die Stadt wegen der Rückbürgschaften an Frei-

46 StadtAF, B5 XHIa Ratsprotokoll Bd. 39, fol. 465v, Mittwoch 26.8.1598; fol. 473r, Mittwoch 2.9.1598. Morell
wurde auf der Grundlage einer 1555 erlassenen Ordnung eingestellt, weshalb der Freiburger Stadtwechsel als
lokales Spar- und Kreditinstitut mindestens seit diesem Jahr bestand. Sein Etat war vom Kaufhaussäckel getrennt
. Seine Geschichte ist noch völlig unerforscht; siehe z.B. Adolf Birkenmaier: Das Freiburger Kaufhaus
im Mittelalter bis zum Ausgang des 16. Jahrhunderts. Ein Beitrag zur Handels- und Wirtschaftsgeschichte der
Stadt Freiburg im Breisgau. In: Zeitschrift der Gesellschaft für Beförderung der Geschichts-, Altertums und
Volkskunde von Freiburg, dem Breisgau und den angrenzenden Landschaften 27, 1911, S. 135-164, hier S. 146:
„Im Kaufhaus befand sich auch der Stadtwechsel, dessen Erforschung im Zusammenhang mit dem Geldwesen
der Stadt im Mittelalter noch vorzunehmen ist. Das Kaufhaus hatte somit auch in gewissem Sinne den Charakter
einer Bank. In Zusammenhang damit steht wohl auch, daß das bei Oberried ergrabene Silber vom dortigen
Bergrichter hierher abgeliefert werden mußte. Dieses Silber war für den Rappenmünzbund, dem auch Freiburg
angehörte, zur Münzbereitung bestimmt. Das Kaufhaus beherbergte außerdem die gesamte städtische Finanzverwaltung
und oberste Finanzbehörde mit Verweis auf Julius Cahn: Der Rappenmünzbund. Eine Studie
zur Münz- und Silbergeschichte des oberen Rheinthaies. Heidelberg 1901, S. 5 und 167; zur regionalen Bankengeschichte
: Ders.: Der Straßburger Stadtwechsel. Ein Beitrag zur Geschichte der ältesten Banken in
Deutschland. Straßburg 1909.

47 StadtAF, B5 XHIa, Ratsprotokoll Bd. 40, fol. 149v, 150r, Mittwoch 16.6.1599.

48 StadtAF, B5 XHIa, Ratsprotokoll Bd. 41, fol. 66r-67v, Dienstag 20.3.1601, vormittags in der Kanzlei; fol. 70r-
71r, Mittwoch 21.3.1601.

49 StadtAF, B5 XHIa, Ratsprotokoll Bd. 41, fol. 27v-29v, Montag 31.1.1601.

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