Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
122.2003
Seite: 134
(PDF, 58 MB)
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Lehrstuhl für Philosophie an der Deutschen Universität in Prag und wurde zu einer prägenden
Figur im katholischen Bildungswesen, zumal bei der Lehrerschaft.46 Von der Mutter hatte
Charlotte das Talent zum Schreiben geerbt, dem die Familie höchst lebendig verfasste Erzähl-
werke verdankt, z.B. „Das Mädelebuch" mit reizenden Schilderungen aus den Kindheitsjahren
der kleinen Elisabeth im Schoß der Familie.47

Die Transformation des Unternehmens zum universalen Weltverlag

Der Aufstieg des Verlags zur Weltgeltung fällt ganz in die Zeit des Wilhelminischen Deutschland
. (In Freiburg spricht man lieber von der „Winterer-Ära"). Das war eine Periode der Prosperität
, des „Griffs nach der Weltmacht", aber auch der Hochindustrialisierung und des nicht
zuletzt für den Katholizismus ungeheuer folgenreichen sozialen Wandels. Im Blick auf Hermann
Herder bestätigt sich die These Reinhold Schneiders (eines ganz wichtigen Autors bei
Herder), die meisten Menschen glichen mehr ihrer Zeit als ihren Eltern. Dasselbe gilt wohl
auch für den Verlag in den Perioden seiner fortschreitenden Entwicklung. Dabei war er wohl,
was das Profil des Katholizismus in Deutschland und in der Welt betraf oder betrifft, nicht nur
Produkt der Verhältnisse. Spannend ist es zu beobachten, wie Herder aus der Selbstverpflichtung
auf katholische bzw. christliche Grundkonstanten auf den jeweiligen Zeitgeist zu antworten
verstand. Mit seiner starken Stellung in der katholischen Welt, die zeitweise einem Monopol
glich, hat er das Bild des Weltkatholizismus mitgeprägt.

Zunächst fällt im Blick auf die damalige Verlagsära auf, wie „Herder" unter dem neuen Chef
Schritt für Schritt seine internationale Wirkungsdimension erweiterte. Es erschienen immer
mehr fremdsprachige Werke, zum einen lateinische Handbücher für den katholischen („kat-
holon") Weltmarkt, vorab für Philosophie und Theologie, zum andern wissenschaftliche Literatur
in spanischer, portugiesischer, englischer und französischer, italienischer und holländischer
, bald auch in japanischer Sprache. Lateinamerika wurde zu einem wichtigen Markt für
Herder. Die Auslandspräsenz bekam ihre Fundamente durch die Filialen in London, St. Louis,
Rom und Barcelona sowie Tokio neben Straßburg und Wien. Manche Gründungen fielen erst
in die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg, waren aber durch intensive Kontakte bereits seit langem
vorbereitet. Zur internationalen katholischen Dimensionierung des Verlages gehörte das
Engagement in der Mission („Heidenmission" hieß das natürlich damals), etwa mit der „Missionszeitschrift
" oder dem „Handbuch der katholischen Mission", aber auch mit Spillmanns
Jugendbüchern in der Reihe „Aus fernen Landen", mit der „Missionsbibliothek" sowie mit
zahlreichen einschlägigen Monographien. Der Zusammenhang zwischen deutscher Kolonialpolitik
und Missionspraxis sei hier nicht weiter reflektiert. Aber man kann gewiss auch in dieser
Sparte des Verlags erkennen, dass sie mehr der Zeit als den Vätern gleicht.

Das Profil des Verlages ist unter Hermann Herder zum zweiten geprägt durch seine enge
Liaison mit der 1876 gegründeten Görres-Gesellschaft.48 In ihr schlössen sich katholische Wissenschaftler
gleichsam zur offensiven Selbstverteidigung zusammen, mit wachsendem Erfolg,
angeführt von Georg Freiherr von Hertling (dem vorletzten Reichskanzler des Kaiserreiches).
Als erstes gemeinsam initiiertes und verantwortetes Großprojekt entstand das Staatslexikon in
5 Bänden in den Jahren 1889-1896, eine Antwort auf den Kulturkampf mit dem Ziel, Staat und
Gesellschaft als die von Gott gewollte und vor ihm zu verantwortende Ordnung zu Bewusst-

46 Zu Otto Willmann u.a.: Heinrich Rombach: Pädagogik auf dem Weg zur Bildungseinheit. In: Der Katholizismus
in Deutschland (wie Anm. 16), S. 82-113; Wolfgang Hug: Otto Willmann. In: Deutsche Geschichtsdi-
daktiker. Hg. von Siegfried Quant. Paderborn 1978, S. 137 ff.

47 Zu den Büchern von Charlotte Herder: Familien-Blätter Dorneich Nr. 8, S. 90 ff., Nr. 9, S. 47 ff.; das „Mädelebuch
" (278 Seiten) wurde 1957 im Verlag als Manuskript gedruckt.

48 Knappe Übersicht über die Görres-Gesellschaft in: Staatslexikon, Band 2, Freiburg 71986, Sp. 1086 ff.

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