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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
122.2003
Seite: 141
(PDF, 58 MB)
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Wohleb vor mehr als vier Jahrzehnten vorgelegt hat, auch in literaturwissenschaftlicher Hinsicht
einen gewissen Erkenntnisfortschritt zuzugestehen.

Wie im Rahmen des vorliegenden Beitrags zu zeigen sein wird, muss sich eine Aufhellung
des historischen Hintergrundes nicht notwendigerweise auf die Zentralfiguren und Kernereignisse
eines literarischen Werkes beschränken, sieht sich doch der heutige Leser angesichts der
wachsenden zeitlichen Distanz zur Lebenswelt Heinrich Hansjakobs nicht selten mit dem Problem
konfrontiert, dass historische Persönlichkeiten, die noch dem primären Rezipientenkreis
des Haslacher Dichters direkt oder indirekt präsent gewesen sein könnten, zunehmend ihre
Konturen verlieren und somit lediglich in Form von literarisch überformten 'Spielfiguren' weiterleben
. Könnten hier unter Umständen nicht gerade Archivstudien, wie sie Wohleb für die
Person Andreas Harters vorgelegt hat, auch unserem Verständnis randständiger Erzähleinheiten
förderlich sein? Die folgenden Abschnitte dienen dem Versuch, in exemplarischer Form die
Möglichkeiten und Grenzen eines solchen Zugriffs anhand einiger überlieferungsgeschichtlich
außerordentlich günstig gelagerter Zeitdokumente plastisch vor Augen zu führen.

Ein Mann, den ich gar wohl kannte:
Das Ende Andreas Harters und der Auftritt des Witticher Pfarrers

Benedikt Gillmann

Es ist das bittere Ende des Bauernfürsten Andreas Harter in Armut und Elend, das uns mit einer
auf den ersten Blick eher unscheinbar anmutenden Nebenfigur der Erzählung 'Der Vogts-
bur' konfrontiert, wenn Hansjakob bemerkt:

Als Pensionär hatte der Fürst [sc. der 'Bauernfürst' Andreas Harter] Zeit genug, erst recht
sein Pfeifchen zu rauchen und Strümpfe zu stricken. Doch spann ihm die Parze keinen
langen Lebensfaden mehr. Ein Jahr lang war er Großpensionär seiner einstigen Unter-
thanen, Verehrer und Lobredner gewesen, als der Tod am Hühnerhäusle anklopfte und
den 81 jährigen Greis zum Sterben niederlegte.10

Der alte Fürst schickte das Thal hinaus zum Pfarrer, damit er ihm sterben helfe durch die
Sakramente des Christen; denn religiös war Andreas I. allzeit gewesen in Wort und That.

Pfarrer von Wittichen war in jenen Tagen ein Mann, den ich gar wohl kannte und der
erst 1897 in Freiburg als Pensionär starb. Er hieß mit seinem Vornamen Benedikt und
war ein sehr, sehr sparsamer Herr, der aus nichts Geld zu machen wußte.

Hätte der Benedikt des Vogtsburen Höfe gehabt, er würde bei seinem Tod sicher ein
Rothschild'sehes Vermögen hinterlassen haben.11

Dies ist der Wortlaut der 1899 veröffentlichten Erstausgabe des Textes. Dass der Autor der soeben
zitierten Abschnitte den Pfarrer der Gemeinde Wittichen12 (bei Kaltbrunn), der dem ster-

S. 38-55 (zur Entstehung des 'Vogtsbur'); weiter: Kurt Klein: Heinrich Hansjakob. Ein Leben für das Volk.
Kehl 1977, S. 96-100.

10 Biographische Daten zu Andreas Harter bietet Wohleb (wie Anm. 3), S. 143, Anm. 1; weiter: Albert Hiss:
Kaltbrunn-Wittichen einst und jetzt. Chronik einer Schwarzwaldgemeinde und ihres Klosters. Freiburg 1966, S.
188-199 (Die 2. Auflage dieses Buches von 1968 war mir bedauerlicherweise nicht zugänglich.). Das im zitierten
Textausschnitt erwähnte Hühnerhäusle befand sich, wie sich vor Ort ermitteln ließ, beim heutigen Haus
Nr. 84 in Kaltbrunn-Vortal (nahe Wittichen/Kaltbrunn).

11 Zitiert nach: Hansjakob (wie Anm. 3), S. 167 f.

12 Einführende Literatur zur Geschichte des Dorfes sowie des Klosters: Karl Suso Frank: Artikel „Wittichen".
In: Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. 10,32001, Sp. 1259; weiter: Josef Krausbeck: Das Kloster Wittichen
im Schwarzwald. In: Die Ortenau 58,1978 (Die Klöster der Ortenau. Hg. von Wolfgang Müller), S. 455-
469; Johannes Gatz: Wittichen/Schwarzwald. Terziarinnen - Klarissen. In: Alemania Franciscana Antiqua. Ehemalige
franziskanische Männer- und Frauenklöster im Bereich der Oberdeutschen oder Straßburger Franziskaner
-Provinz mit Ausnahme von Bayern 18, 1973, S. 126-242; Hiss (wie Anm. 10), passim.

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