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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
122.2003
Seite: 150
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wird man davon ausgehen dürfen, dass der Großherzoglich Badische Notar Fuchs und der Waisenrichter
Bihler am 10. Juli 1897 ein - an heutigen Besitzverhältnissen gemessen - selbst
unter Berücksichtigung von offenbar nicht unbeträchtlichen Spekulationsverlusten insgesamt
doch ahnsehnliches Vermögen zu verteilen hatten. Was hierbei geradezu frappiert, ist das
aktenkundig gewordene Verhältnis zwischen Forderungen und Schulden. Wie setzten sich die
auf insgesamt 23580 Mark veranschlagten Forderungen zusammen? Auch über diesen Punkt
gibt die von Amts wegen erstellte Zusammenstellung erschöpfend Auskunft: An der Spitze des
Verzeichnisses rangieren die bereits erwähnten Aktien der Furtwangener Uhrenfabrik, die sich
in einem Depot des Bankiers B. Dukas befunden zu haben scheinen und deren Gesamtwert mit
rund 22983 Mark angegeben wird.70 Es folgen drei kleinere Außenstände, die Darlehen an den
Landwirt Franz Josef Stiefvater aus Ehrenstetten (bei Bad Krozingen) sowie an den Freiburger
Bildhauer Gustav Adolf Knittel (1852-1909, Sohn des Bildhauers Alois Knittel [1814-
1875], der u.a. das Berthold Schwarz-Denkmal vor der Freiburger Martinskirche schuf
[1853]), aber auch die katholische Religionsfonds=Verwaltung Freiburg betreffen, die Gillmann
eine monatliche Pension in Höhe von 83 Mark zu überweisen hatte.71 Diesen Forderungen
standen nun, wie bereits bemerkt wurde, Schulden in beträchtlichem Umfang gegenüber,
die von einem rund 12009 Mark betragenden Guthaben beim Freiburger Bankhaus B. Dukas72

Kaufkraft kaum zu verlässlichen Resultaten führen, repräsentiert doch der hierbei zugrunde gelegte Warenkorb
nur einen verschwindend kleinen Bruchteil der 1897 erzeugten Güter und Dienstleistungen. Die monatliche
Miete, die Gillmann für seine letzte Wohnung zu bezahlen hatte, betrug 50 Mark (siehe unten), Gillmanns Haushälterin
hingegen stand ein Jahreslohn von nur 100 Mark zu (siehe wieder unten). Im Jahr 1900, also nur wenige
Jahre nach Gillmanns Ableben, kostete in Merdingen ein m2 Ackerland rund 38 Pfennige, der m2 Rebfläche
wurde hingegen auf 66 Pfennige veranschlagt. Nachweise: Merdingen, Grundbuch, Bd. 32, 1900-1903 (C IV, 2
[32] 13), S. 49 f.

70 Verzeichnis der Forderungen. In: Hinterlassenschaftsakte, S. 10 f., wobei die Anzahl dieser Aktien ebd. (im Unterschied
zu den Angaben im Ermittelungsprotokoll vom 31. Mai 1897 [hierzu siehe Anm. 63]) jetzt mit 35 angegeben
wird. Zur Person des Bankiers B. Dukas (möglicherweise der spätere Besitzer der Aktien, hierzu siehe
Anm. 78!) sei darauf hingewiesen, dass sich im bereits zitierten Adreßbuch der Stadt Freiburg im Breisgau für
das Jahr 1897 (wie Anm. 24), S. 220, ein Eintrag zu einem Dukas B., Bankier, Bismarckstr. 21, Bank Kaiserstr.
129 findet. Die Firmenadresse lässt sich darüber hinaus ebd., S. 232 (Rubrik Bankiers), nachweisen. B. Dukas
dürfte mit dem am 17. Oktober 1846 in Sulzburg (nordöstlich von Müllheim) geborenen und am 11. April 1902
in Nizza verstorbenen Juden Baruch genannt Berthold Dukas identisch sein, dessen Hinterlassenschaftsakte im
StadtAF (H 19895) aufbewahrt wird. Eine verwandtschaftliche Beziehung zur am 17. Oktober 1896 in Freiburg
geborenen und im Jahr 1978 in Princeton/New Jersey verstorbenen Helene Dukas, die seit 1928 für Albert Einstein
als Sekretärin arbeitete, ihm später in die USA folgte und schließlich dessen Nachlass mit verwaltete, ist
umso wahrscheinlicher, als auch deren Vater Leopold Dukas (1855-1919, bestattet auf dem jüdischen Friedhof
in Freiburg), der in der Freiburger Rheinstraße eine Weinhandlung betrieb, ursprünglich aus Sulzburg stammte
(seit 1890 in Freiburg ansässig). Hierzu siehe auch die Hinterlassenschaftsakte H 22631 im StadtAF (betr. Hanchen
Dukas geb. Li[e]bman[n]n von Hechingen [Mutter Helenes, 1862-1909, bestattet auf dem jüdischen Friedhof
in Freiburg]), passim. Zur Geschichte der Freiburger Juden siehe Gabriele Blod: Die Entstehung der israelitischen
Gemeinde Freiburg 1849-1871 (Stadt und Geschichte. Neue Reihe des Stadtarchivs Freiburg i.Br. 12).
Freiburg 1988.

71 Siehe Verzeichnis der Forderungen (siehe Anm. 70), S. 11 f. Zu Leben und Werk Gustav Adolf Knittels siehe K.
Siebert: Artikel „Knittel, Adolf. In: Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart
, Bd. 21, 1927, S. 4 (m. Lit.); zu Alois Knittel siehe Ders.: Artikel „Knittel, Alois". In: Ebd. Dass die an
Stiefvater und Knittel vergebenen Kredite aufgrund persönlicher Beziehungen zwischen dem Gläubiger und seinen
Schuldnern zustande gekommen waren, darf als wahrscheinlich gelten. So lassen sich beispielsweise für eine
ganze Reihe von Freiburger Skulpturen Gustav Adolf Knittels enge Kontakte zu kirchlichen Auftraggebern nachweisen
(Statue des Erzbischofs Johann Baptist Orbin [1806-1886] in der Locherer-Kapelle des Freiburger Münsters
[1887], Statue der Immaculata über der Segenspforte ebd. [1883], Statue des Weihbischofs Lothar von Kübel
[1823-1889] in der Freiburger Konviktskirche [1891] u.a.), die auf das soziale Umfeld Gillmanns hindeuten.
Darüber hinaus ist einem am 12. Februar 1885 in Unteribach verfassten Brief Gillmanns an den Freiburger Erz-
bischof Johann Baptist Orbin (Original: Personalakte Benedikt Gillmann) zu entnehmen, dass Bildhauer Knittels
Wittwe von Freiburg, also die Witwe Alois Knittels, während Gillmanns Dienstzeit in Eschach (1881-1883)
der zum damaligen Zeitpunkt überlasteten Pfarrhaushälterin Christine Bürßner zur Hand gehen wollte.

72 Verzeichnis der Forderungen, S. 13.

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