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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
122.2003
Seite: 157
(PDF, 58 MB)
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terliste entnehmen, dass Gillmann (mit Ausnahme der in Überlingen am Ried verbrachten
Jahre von 1868 bis 1871) weder in Wittichen noch an den anderen Dienstorten ein vollwertiges
Pfarramt innehatte, sondern stets als 'Verweser', d.h. als stellvertretender und somit lediglich
mit der Verwaltung der einzelnen Pfarreien betrauter Priester fungierte, wobei mehrere
Phasen, die als 'Tischtitulaturen' bezeichnet werden (so ab 1874, dann wieder ab 1885, zuletzt
wieder ab 1892), belegen, dass er über Jahre hinweg über keine feste Pfründe verfügte und
stattdessen den Tischtitel', den er am 30. Dezember 1851 vom badischen Großherzog Leopold
(1790-1852) verliehen bekommen hatte94 und der einst die Voraussetzung für die Aufnahme
ins Erzbischöfliche Priesterseminar gebildet hatte,95 in Anspruch nehmen musste. Die
Tischtitulatur als conditio sine qua non für die Ausbildung zum Priester basierte gemäß dem
Wortlaut der soeben ins Feld geführten großherzoglichen Verleihungsurkunde auf einem Mangel
zureichenden Vermögens seitens des Kandidaten, was zugleich die Frage beantwortet, ob
Gillmann bereits von Haus aus wohlhabend war und im Jahr 1897 eine Verlassenschaft verhandelt
wurde, die nicht nur aus den Pfründeneinnahmen, sondern zumindest auch aus ererbtem
Vermögen bestand, im negativen Sinn.

Ländliche Armut und kirchliche Förderung:
zum Vorleben des Priesteramtskandidaten Gillmann

Was die Vermögensverhältnisse des angehenden Priesters betrifft, gewährt die Personalakte interessante
Einblicke. Ich beschränke mich zunächst auf zwei besonders aussagekräftige Dokumente
. Am 21. März 1848 richtete der sich selbst als Student der Theologie bezeichnende
24jährige Benedikt Gillmann ein Bittgesuch an die Großherzoglich Wohllöbliche Auf-
sichts=Kommission des collegii theologici, in dem er um Aufnahme in das genannte Institut
nachsuchte:

Der gehorsamst Unterzeichnete hat im Spätjahre 1845 das Lyceum absolvirt [...], und
widmete sich seit jener Zeit den Cameral=Wissenschaflen; derselbe hat sich aber
während des lezten Winter-Semesters zur Theologie entschloßen, theologische Vorlesungen
besucht, und sich aus denselben bereits Fortgangsnoten erworben [...]. Da er nun
ganz vermögenslos ist [...] und sich nur durch Privatunterricht den nöthigsten Lebensunterhalt
verschaffen muß, da er sich keiner anderen Beihilfe zu erfreuen hat, so bittet
der gehorsamst unterzeichnete Petent Wohldieselbe wiederholt, ihm die unentgeltliche
Aufnahme in obiges Collegium gnädigst zu gestatten; denn die Privatstunden, die er gibt,
verhindern ihn viel an seinem eigenen Berufsstudium und gewähren bei gegenwärtigen
Zeitverhältnißen einen höchst kümmerlichen und äußerst unbestimmten Unterhalt.

Als Beilage zu dieser Eingabe findet sich unter anderem ein sogenanntes 'Armenzeugnis', das
sowohl von Bürgermeister und Rat der Heimatgemeinde Merdingen als auch vom zuständigen
Pfarrer Hölzlin ausgestellt96 und dessen Echtheit vom in der Stadt Breisach ansässigen Bezirksamtsnotar
Reiff bestätigt wurde.97 Die amtliche Bescheinigung enthält im Kern folgende
Aussagen:

94 Die Originalurkunde findet sich in der im EAF lagernden Personalakte (Siehe Anm. 128 f.). Einführende Literatur
zur Tischtitulatur: Severin Lederhilger: Artikel „Weihetitel". In: Lexikon für Theologie und Kirche, Bd.
10,32001, Sp. 1016; zu Leopold siehe etwa Klaus Gerteis: Art. „Leopold, Großherzog von Baden". In: Neue
Deutsche Biographie, Bd. 14, 1985, S. 271 (mit Lit.).

95 Zu Gillmanns Werdegang siehe unten.

96 Datum: 7. März 1848. Zu Pfarrer Hölzlin siehe auch Anm. 119.

97 Datum: 16. März 1848. Übrigens nimmt Gillmann viele Jahre später, in einem am 15. Februar 1875 in Engen
(Hegau) verfassten Schreiben an das Erzbischöfliche Kapitelsvikariat Freiburg, auf dieses Zeugnis ausdrücklich
Bezug, indem er (wohl berechtigten) Vorwürfen zu begegnen versucht, er sei ein Cameralist und Kapitalist (Personalakte
Benedikt Gillmann).

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