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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
122.2003
Seite: 214
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ab. Nachdem die Gymnasiallehrer durch die beamtenrechtliche Gleichstellung mit den Richtern
ein lange erstrebtes Statusziel erreicht hatten,6 glich Preußen im Jahre 1917 auch die Lehrerausbildung
derjenigen der Juristen an. Es fasste das Seminar- und Probejahr zu einem zweijährigen
Vorbereitungsdienst zusammen, an dessen Ende nunmehr - wie bei den Juristen - ein
zweites Staatsexamen stand.

Die preußischen Gymnasiallehrerausbildung verdient hier deshalb Interesse, weil Preußen
seit Wilhelm von Humboldt das bildungspolitische Leitbild für die anderen deutschen Staaten
abgab. Auch das Großherzogtum Baden hat sich am preußischen Vorbild orientiert, dabei aber
durchaus eigene Konturen zu wahren gewusst. Zunächst begnügte es sich ebenfalls mit einem
Probejahr für seine Lehramtspraktikanten.1 Nach dessen Abschluss bildeten diese bis zu ihrer
Anstellung als Staatsdiener (= höhere Beamte) eine eigene Klasse unterbezahlter Hilfslehrer,
die vorzugsweise in den unteren Klassen zum Einsatz kamen.8 Mit Verordnung vom 31. Juli
19139 scherte Baden aus dem Bannkreis des preußischen Vorbilds aus und verordnete seinen
Lehramtspraktikanten ein zweites Abschlussexamen. Es bestand aus einer schriftlichen Arbeit,
einer Probelektion sowie einem Eignungsgutachten des Schulleiters. Erfolgreiche Absolventen
erhielten das Zeugnis der Anstellungsfähigkeit. Die Übernahme in den höheren Schuldienst
- und damit die lebenslange Verbeamtung - sollte sich jedoch hinfort ausschließlich am Bedarf
und an den Prüfungsleistungen entscheiden. Qualifizierte Praktikanten, die ihre Übernahme
anstrebten, mussten künftig in der Zwischenzeit bis zu sechs Wochenstunden unentgeltlichen
Unterricht erteilen mit der Maßgabe, dass die Zahl der Lehramtspraktikanten an
einer Schule die Zahl der etatmäßig angestellten Lehrer nicht überstieg. In der Folge erteilten
deshalb unbesoldete pädagogische Hilfsarbeiter - wie man sie alsbald nannte - etwa ein Drittel
des Unterrichts an den höheren Schulen Badens.10

Neben dem Kostenargument lag der Verordnung von 1913 ein weiterer Anlass zugrunde: die
rapide Vermehrung der Lehramtskandidaten. Umfasste ihre Zahl im Jahre 1905 noch 35 und
damit annähernd den Erhaltungsbedarf, so stieg sie bereits im Jahre 1908 auf 130 und 1913
sogar auf 151 Bewerber an.11 Die Konsequenzen erläuterte 1914 ein Abgeordneter vor dem badischen
Landtag: Die Lehramtspraktikanten brauchen zum Studium mit Probejahr 5 V2 Jahre.
Von da an bis zur etatmäßigen Anstellung dauert es zur Zeit ebenfalls fünf Jahre, so daß ein
wissenschaftlich gebildeter Lehrer vom Beginn des Studiums bis zur Anstellung als Professor
zur Zeit rund 11 Jahre braucht. Die Anstellung erfolgt also durchschnittlich im 30. oder 31.
Lebensjahr. Freilich würden in Zukunft die überhand nehmenden Bewerberzahlen die Frist bis
zur Anstellung deutlich verlängern.12 Die Ursache für diese Zunahme liege darin, so der da-

6 Zur Gleichstellung der Gymnasiallehrer mit den Juristen vgl. Hans Christoph Laubach: Die Politik des Philologenverbandes
im deutschen Reich. Frankfurt 1986, S. 23 f. Die sozial-rechtliche Gleichstellung mit dem Richterstand
erreichten die Gymnasiallehrer im Jahre 1907, womit sie ihr Sozialprestige und ihre Besoldung deutlich
verbesserten. Vgl. hierzu Hans-Ulrich Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Bd. 4: Vom Beginn des
Ersten Weltkriegs bis zur Gründung der beiden deutschen Staaten 1914-1949. München 2003, S. 457.

7 Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass Baden bereits 1867 ein zweites Examen für seine Lehramtspraktikanten
eingeführt hatte, das aus einer schriftlichen Arbeit, einer mündlichen Prüfung und einer Probelektion bestand
, vgl. Großherzoglich Badisches Regierungsblatt 65, 1867, S. 29 f. Dieses Examen wurde allerdings bereits
1873 - offenbar zur Vereinheitlichung der Lehrerausbildung im Reich - wieder aufgehoben, vgl. Verordnungsblatt
des Großherzoglichen Oberschulraths 11, 1873, S. 107.

8 Vgl. Wolfgang Günter: Das Berfhold-Gymnasium zwischen 1807 und 1958. In: Schau-ins-Land 120, 2001,
S. 185.

9 Schulverordnungsblatt für das Großherzogtum Baden 51, 1913, S. 191-197.

10 So der Abgeordnete Dr. Blum vor der 2. Kammer des Badischen Landtags am 25.4.1914. In: Amtliche Berichte
über die Verhandlungen der Badischen Ständeversammlung. 2. Kammer. 1913/14, Sp. 2981.

11 Kultusminister Dr. Böhm am 27.6.1914 vor der 2. Kammer des Badischen Landtags. In: Amtliche Berichte (wie
Anm. 10), 1914, Sp. 5258.

12 Amtliche Berichte (wie Anm. 10).

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