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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
122.2003
Seite: 217
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nehmer bemängelten übereinstimmend, dass die Vorlesungen, die im allgemeinen an den
Hochschulen gehalten würden, hierfür nicht geeignet seien. Es mangle überhaupt an der nötigen
Fühlungsnahme zwischen den Hochschulen und der Praxis im Unterrichtswesen. Als Konsequenz
entfiel dann in der Endfassung der Hinweis auf eine Kooperation mit den Hochschulen
mit der bis heute nachwirkenden Folge, dass den Seminaren künftig selbst der Unterricht
in Pädagogik und Psychologie zufiel.

In der Nachfrist äußerte dann der vorerwähnte Professor Schnitzler im Namen des Philologenvereins
grundsätzlichere Kritik.25 Er bemängelte, dass im Entwurf die Grundfragen der Erziehung
und des Unterrichts - anders als etwa in Preußen oder Württemberg - nicht aufgeführt
seien. Zudem kläre dieser nicht, wer die Referendare in der Didaktik und Methodik jener
Fächer unterrichten solle, die der Seminarleiter nicht selbst vertrete. Deshalb sei es erforderlich
, die Referendare gleichartiger Fächer zu Fachgruppen zusammenzufassen und zu ihrer
Ausbildung weitere Lehrerpersönlichkeiten, Meister ihrer Fächer und des Unterrichts, zu bestellen
.

Während sich das Ministerium gegen ersteres sträubte, griff es den zweiten Vorschlag bereitwillig
auf und ermächtigte durch einen Zusatz (§11 Absatz 5) die Seminarleiter, mit Zustimmung
des Ministeriums einen Teil ihrer Aufgaben an einen Direktor oder einem Professor
zu übertragen.26 Zudem ordnete es wenig später an, dass alle Referendare gleicher oder ähnlicher
Fächer in Fachgruppen an jeweils derselben Schule zusammenzufassen und vom selben
einführenden Lehrer auszubilden seien.27 Am 20. Dezember 1928 trat der bereinigte Entwurf
mit seiner Veröffentlichung im Amtsblatt in Kraft.28

Bereits am 21. Dezember hatte das Kultusministerium pädagogische Seminare in Heidelberg
, Mannheim, Karlsruhe und Freiburg errichtet. Gleichzeitig ernannte es den Direktor des
Neuburg-Realgymnasiums, den Geheimen Hofrat Dr. Karl Martin, zum ersten Freiburger Seminarleiter
mit der Folge, dass dessen Schule künftig auch der Dienstsitz des Seminars wurde.

Der 1867 in Emmendingen geborene Dr. Karl Martin29 hatte Romanistik, Deutsch und Geschichte
studiert, wurde bald nach seinem Eintritt in den Schuldienst als Direktor an die Realschule
von Sinsheim berufen und avancierte 1907 zum Gründungsdirektor des neu errichteten
Neuburg-Realgymnasiums (später Kepler-Gymnasium) in Freiburg, das er - samt der angeschlossenen
Oberrealschule - rasch zu hohem Ansehen führte. Aus Anlass des 10-jährigen
Bestehens seiner Schule verlieh ihm deshalb der Großherzog 1917 den begehrten Titel eines
Geheimen Hofrates.

Seine Berufung zum Seminarleiter war ein Glücksfall: Verwaltungserfahrung, eine ausgeprägte
Fähigkeit zum analytischen Denken, eine profunde literarische und philosophische Bildung
, vereint mit den Umgangsformen eines Grandseigneurs, machten ihn zum idealen Gründungsdirektor
einer Institution, die nicht nur auf organisatorische Kompetenz, sondern vor allem
auf geistige Inspiration angewiesen war. Die damit verbundene Arbeitslast bewältigte der
damals 61-jährige, der nebenbei noch eine Schule mit 520 Schülern leitete, dort sieben Wochenstunden
unterrichtete und am Seminar neben Pädagogik auch noch Romanistik lehrte, mit
selbstverständlicher Gelassenheit. Im Unterschied zu Dr. Ott stand Karl Martin der Reformpädagogik
nahe, wie er dies bereits in seiner Festrede zur Einweihung seiner Schule zum Ausdruck
gebracht hatte.30 Als Anhänger der von Lietz und Geheeb herrührenden Landschul-

25 Schreiben vom 6.12.1928. In: GLA 235/42368.

26 Amtsblatt 1928, S. 226.

27 Erlass vom 12.1.1929. In: GLA 235/39730.

28 Amtsblatt 1928, S. 225-228.

29 Zu Karl Josef Martin (1867-1956) vgl. Badische Biographien (künftig BB), N.F. III, S. 179 f. Bedauerlicherweise
ist seine Personalakte, die weiteren Aufschluss über Persönlichkeit und Wirken gegeben hätte, verschollen. Erhalten
ist lediglich seine Spruchkammerakte von 1947. In: Staatsarchiv Freiburg (künftig StAF) D 180/2 38587.

30 Aus dem Jahresbericht des Realgymnasiums 1907/08. Freiburg 1908, S. 5: Es werde deshalb das Bestreben der

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