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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
122.2003
Seite: 223
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im Dezember 1930 noch 37, so stieg sie bereits 1931 auf 45, 1932 dann auf 43 und sprang
1933 schließlich auf die Zahl von 53 Referendaren. Was in Freiburg geschah, war wiederum
nur der Reflex eines landesweiten Problems: Der Haushaltsplan Badens ging 1932/33 von
1038 planmäßigen Gymnasiallehrerstellen aus und konstatierte gleichzeitig einen Bestand von
über 800 ausgebildeten Assessoren ohne Verbeamtung, zu denen im Verlauf der kommenden
zwei Jahre noch weitere 360 stoßen sollten.52

Die Anstellungskrise hatte bereits Mitte der Zwanzigerjahre in Preußen ihren Höhepunkt erreicht
, der dann - genau wie vor dem Ersten Weltkrieg - mit einer zyklischen Verzögerung von
fünf Jahren in Baden anlangte. Dies hatte zur fatalen Folge, dass hier der Scheitel der Assessorenschwemme
mit dem Beginn der Wirtschaftskrise zusammenfiel. Damit begann die wichtigste
Einnahmequelle der freiwilligen Hilfsarbeiter, der Nachhilfeunterricht, allmählich zu
versiegen. Zudem reduzierten sich die Schülerzahlen an den (schulgeldpflichtigen) höheren
Schulen, so dass Klassen zusammengelegt und kündbare Assessoren entlassen wurden. Hinzu
kam, dass im Zuge der deflationären Sparpolitik Brünings eine generelle Anstellungssperre für
den öffentlichen Dienst erging. Auch die Quellenlage des Freiburger Seminars reflektiert die
Notlage der Lehramtsreferendare: Die Auszahlung der staatlichen Unterhaltshilfen geriet ins
Stocken;53 eine Petition der Prüfungskandidaten um Stundung der Prüfungsgebühr in Höhe
von jeweils 20 RM blieb ohne Erfolg.54

Die Kultusbehörden interpretierten die Assessorenschwemme in der öffentlichen Diskussion55
mit den Termini der seit dem 19. Jahrhundert in Deutschland populären Überfüllungstheorie
,56 was für sie wiederum den Vorteil einer Schuldumkehr hatte. Diese öffentliche Wahrnehmung
des Phänomens war wesentlich daran mitbeteiligt, dass die spärlichen Steuerungsversuche
des Staates durchweg auf Abschreckung und Leistungsauslese zielten. So verlängerte
man in Baden die Dauer der mündlichen Prüfung auf eine volle Stunde.57 Seit 1930 sperrte
man Bewerber mit der Note befriedigend im wissenschaftlichen Examen als freiwillige Hilfsarbeiter
.5* Und 1933 verlangte man für die Zulassung gar die Mindestnote gut in beiden Examen
.59 Vor allem errichtete man 1930 einen Numerus clausus der Art, dass ab 1934 nur noch
jene Bewerber zur Anstellung gelangen sollten, denen das Ministerium dies bereits zu Beginn
ihres Studiums in Aussicht gestellt hatte und die beide Examina künftig mit der Note gut bestehen
würden.60 Bedarfssteuerungen dieser Art haben den offenkundigen Nachteil, dass sie -
wenn überhaupt - erst in längeren Zeitabständen wirken.61 Für die Notlage des Augenblicks
wusste dagegen die in die Krise geratene Republik keine Lösung.

Zum 1. Juni 1932 erreichte Dr. Martin die Pensionsgrenze, obgleich er auf seine Umgebung
keinen ruhebedürftigen Eindruck machte. So notierte Ministerialdirektor Dr. Cramer, Regierungsbeauftragter
für die mündliche Prüfung im Frühjahr 1932: Sowohl die Fülle der behandelten
Gegenstände als auch die bis zum Schlüsse anhaltende Frische des Prüfenden [waren]
erstaunlich62 Das Ministerium ernannte zu seinem Nachfolger Dr. Bergmann, bisher Direktor

52 Aktennotiz vom 25.11.1932. In: GLA 235/35564.

53 Schreiben des Kultusministeriums vom 12.2.1931. In: GLA 235/39730.

54 Eingabe an das Kultusministerium vom 7.3.31 mit Marginalentscheid. In: GLA 235/39730.

55 Vgl. dazu Nath (wie Anm. 51), S. 183-196.

56 Vgl. dazu Günter (wie Anm. 8), S. 180.

57 Erlass vom 12.4.1932. In: GLA 235/35564.

58 Erlass vom 25.11.1932. In: Ebd.

59 Erlass vom 16.8.1933. In: Ebd.

60 Mitteilung vom 20.3.1930. In: Amtsblatt 1930, S. 30.

61 Abgesehen davon ging der Notendurchschnitt nach oben und verlor damit seine Trennschärfe: In der mündlichen
Prüfung im März 1932 wurden viermal die Note sehr gut, zweimal die Note sehr gut bis gut, zweiund-
zwanzigmal die Note gut, dreimal die Note gut bis befriedigend, zweimal die Note befriedigend und einmal die
Note ausreichend vergeben. In: GLA 235/35564.

62 In: GLA 235/42363.

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