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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
122.2003
Seite: 231
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Allerdings wusste auch das Ministerium, dass das Referendariat nicht nur Vorbereitungsdienst
, sondern auch Abschluss einer Berufsausbildung war. Wegen der neuen Zugangsregelung
konnten zumindest die Abiturientenjahrgänge von 1931 bis 1934 ihre Ausbildung nicht
vollenden, obwohl sie zu Beginn ihres Studiums noch mit einem ordnungsgemäßen Abschluß
ihrer Ausbildung hätten rechnen können.111 Als Ausweg verwies das Ministerium auf eine
Ausbildungsform, die man in Preußen bereits als freien Weg kannte: Sie bestand aus längeren
Hospitationen an einer Schule mit einer anschließenden Prüfung nach Art des bisherigen Assessorenexamens
. Deren Bestehen berechtigte zwar nicht zum Eintritt in den Staatsdienst,112
qualifizierte aber für das Privatschulwesen. In aller Eile bereitete deshalb das Ministerium eine
Ausbildungsordnung für das nichtöffentliche Lehramt vor, die dann am 16. April 1935 in Kraft
trat.113 Wenn auch untere Parteichargen, wie beispielsweise der Karlsruher Seminarleiter Zimmermann
, gegen diese Lösung wetterten,114 so gewann sie im Blick auf die Kriegspläne des
NS-Regimes durchaus Sinn. Denn der durch den freien Weg geschaffene Lehrervorrat sollte
nicht nur dazu beitragen, den Schulbetrieb während des Krieges leidlich aufrechtzuerhalten,
sondern auch Lehrkräfte für den eroberten Lebensraum bereitzustellen.

Kaum war jedoch das auf Abschreckung und Auslese gegründete Steuerungsinstrument vollendet
, da zeigte sich, dass den NS-Bildungspolitikern von Rust bis Wacker ein schlichter demographischer
Fehler unterlaufen war, der ihr ganzes Regelwerk schon in Kürze zu einer peinlichen
Episode machte. In der zweiten Hälfte des Jahrzehnts erreichten nämlich die geburtenschwachen
Kriegsjahrgänge das studierfähige Alter. Gleichzeitig provozierte der Aufbau der
Wehrmacht eine starke Nachfrage nach Jugendlichen mit gymnasialer Bildung, während wiederum
die wirtschaftliche Scheinblüte als Folge dieser Aufrüstung einen wachsenden Bedarf
nach Akademikern unterschiedlicher Fachrichtungen hervorrief. Dieser Mangel wurde umso
spürbarer, als die vorausgegangenen Drosselungsmaßnahmen viele von einem aussichtslosen
aber kostspieligen Studium abgeschreckt hatten, besonders für das höhere Lehramt. Noch bevor
die Behörden Zeit gefunden hatten, ihre offizielle Sprachregelung von Überfüllung auf
Mangel umzustellen, sah sich der Reichserziehungsminister Rust zu Ostern 1937 beinahe panikartig
gezwungen, die Schulzeit auf zwölf Jahre zu verkürzen, um den Nachwuchsbedarf von
Wehrmacht und Wirtschaft zu decken.115

Die Einsicht in den beginnenden Lehrermangel erreichte das badische Kultusministerium
mit einer gewissen Verzögerung. Eine Aktennotiz vom August 1937 hielt erstmals kommentarlos
fest: Es wird erwogen, in Mannheim, Heidelberg und Freiburg die pädagogischen Seminare
wieder zu eröffnen und auch in Konstanz ein pädagogisches Seminar neu zu errichten
.116 Als Ergebnis seiner Erwägungen beschränkte sich das Ministerium allerdings auf die
Wiedereröffnung der pädagogischen Seminare von Freiburg und Heidelberg.117 Dann ging
plötzlich alles sehr schnell: Bereits am 15. Januar 1938 errichtete der Minister das Freiburger
Seminar neu und ernannte wiederum Dr. Ganter zu seinem Leiter. Gleichzeitig wies er dem
wiedererstandenen Seminar vierzehn Referendare zu. Unter dem gleichen Datum teilte das
Amtsblatt diese Neuigkeit der Öffentlichkeit in verklausulierter Form mit: Künftig werde man

"i Aktennotiz vom 6.12.1934. In: GLA 235/42368.
"2 Ebd.

h3 Amtsblatt 1935, S. 47.

114 Insbesondere, weil der nationalsozialistische Staat... Jugenderziehung an nichtöffentlichen Schulen auf Dauer
nicht zulassen könne. In: GLA 235/42368. Zum prekären Verhältnis des NS-Staates zu den Privatschulen vgl.
Eilers (wie Anm. 77), S. 92-98.

h5 Vgl. Nath (wie Anm. 51), S. 208.

116 Aktennotiz vom 28.8.1937 sowie Schreiben an den Seminarleiter von Karlsruhe vom 30.8.1937. Beides in: GLA
235/42363.

117 Mitteilung vom 5.1.1938. In: GLA 235/35457. Diese Beschränkung war insofern weise, als der Mangel an Referendaren
bereits 1939 zu der ministeriellen Überlegung führte, ob man nicht das besonders schwach besuchte
Karlsruher Seminar schließen solle, vgl. Aktennotiz vom 28.2.1939. In: GLA 235/35457.

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