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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
122.2003
Seite: 243
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bar. Anders sah es mit Geldgeschäften aus. 1934 und 1935 hatte Max Bloch nach den Ermittlungen
der Fahndungsstellen - nach den damaligen Gesetzen illegal - Wertpapiere aus dem
Ausland eingeführt. Erwin Stengler ermöglichte es ihm, diese Wertpapiere zu verkaufen sowie
die Erlöse auf Sparkonten der Elzacher Sparkasse unter den falschen Namen Peter Beck und
Marie Beck zu verbuchen. Später wurden sie - insgesamt über 7000 Reichsmark (RM) - an
Peter Beck, also an Max Bloch, ausgezahlt. Entsprechend erhielt das Kontor der Reichshauptbank
für Wertpapiere in Berlin unrichtige Angaben. Auch eine Unbedenklichkeitsbescheinigung
konnte Stengler mit einem falschen Namen bei der Berliner Bank erschleichen. Aufgrund
verschiedener Anzeichen mussten die Fahnder davon ausgehen, dass die Vorgehensweisen zwischen
Bloch und Stengler persönlich besprochen und auch die Gelder persönlich ausgehändigt
worden waren. Eine Freundin der Familie Stengler half mit Unterschriften auf Belegzetteln aus.
Ende 1935 wurden die Dienstwidrigkeiten und Vergehen gegen die Devisenbestimmungen aufgedeckt
,13 zunächst jedoch nicht weiter verfolgt, sondern lediglich gerügt.14

Im April 1936 flüchtete Max Bloch nach Basel.15 Damit änderte sich offenbar die Sachlage.
Erst jetzt wurde ein strafrechtliches Verfahren gegen Stengler eröffnet, das zu seiner Verhaftung
am 15. April 1937 führte. Zu seinem Glück bearbeitete ein Staatsanwalt schweizerischer
Herkunft, der mit meinem Rechtsanwalt in guter Verbindung stand, die Angelegenheit, sodass
die Untersuchung wenigstens am Anfang einigermaßen sachlich und nicht allein vom Gesichtspunkte
der Judenverfolgung aus gesehen durchgeführt worden ist. Rechtsanwalt war Karl
S. Bader, der nicht nur in besonderer Weise mit Elzach verbunden war, sondern auch in einem
anti-nationalsozialistischen Netzwerk wirkte. Nach Kriegsende bestätigte er seine Vorsprachen
bei dem sehr sachlichen Bearbeiter.16

Am 30. April wurde der Haftbefehl wieder aufgehoben, und am 12. Juli 1937 musste das
Verfahren eingestellt werden, wenngleich - wie es hieß - die Erhebungen nicht die völlige Unschuld
des Beschuldigten ergeben hätten. Am 31. Juli 1937 entzog das Reichsbankdirektorium
in Berlin der Bezirkssparkasse Elzach die Devisenbankeigenschaft, da ihr unter der verantwortlichen
Leitung des Beschuldigten nicht mehr das notwendige Vertrauen entgegengebracht
werden könne. Das Freiburger Finanzamt erlegte Stengler eine Geldstrafe über 500 RM auf,
doch bedrohlicher für ihn erwies sich ein Dienststrafverfahren, das das Bezirksamt Emmendingen
nach Genehmigung durch das badische Innenministerium Ende 1937 einleitete und am
9. März 1938 förmlich eröffnete. Im Beschluss hieß es, Stengler habe seine Dienstpflichten
verletzt, weil er ein Konto mit erdichtetem Namen eingerichtet und gewusst habe, dass das er-

13 Möglicherweise spielte eine Denunziation aus der Elzacher Sparkasse eine Rolle. Dies geht aus den Quellen
nicht eindeutig hervor. Im Bericht des Untersuchungsführers vom 13.6.1938 wird noch eine Äußerung eines
verstorbenen Freiburger Baumeisters zu Protokoll der Staatspolizeistelle Freiburg vom 7.5.1936 erwähnt
(KreisAEm, Elzach XII/1, beigeheftet: Handakten). Vermutlich handelte es sich hierbei um eine Denunziation
Blochs. Die Strafakten des Amtsgerichts Freiburg gegen Ludwig Bloch wegen Devisenvergehens (Aktenzeichen:
C 2 Cs. 157737) und des Landgerichts Freiburg gegen Max Bloch wegen Devisenvergehens (Aktenzeichen: 5 Js
3/38), die mehrfach in den hier benutzten Ermittlungsakten erwähnt werden, sind nach Auskunft des Staatsarchivs
Freiburg vom 13.1.2000 nicht (mehr) vorhanden. Auch eine Nachfrage beim Generallandesarchiv Karlsruhe
(Bestände des Sondergerichts Mannheim zu „Volksverratsverbrechen") blieb erfolglos (Auskunft vom
19.2.2001).

14 Rekonstruiert nach KreisAEm, Elzach XII/1 (Anschuldigungsschrift vom 10.11.1938).

15 Rein formal flüchtete er nicht, sondern meldete sich ordnungsgemäß zum 31.5.1936 in Freiburg nach der
Schweiz ab (StadtAF, Meldekartei, vgl. M2/127a). Dennoch verwende ich hier dieses Wort, weil Bloch Deutschland
nicht verlassen hätte, wenn seine Existenz nicht bedroht gewesen wäre.

16 Bericht Stenglers vom 29.3.1946 und beigefügte Bescheinigung Baders vom 29.11.1945, in: StadtAEl, 740/3,
Nr. 873. Möglicherweise kannte Stengler Bader aufgrund dessen Interesse für die Geschichte Elzachs und des
Prechtals; dieser erhielt später die Ehrenbürgerwürde Elzachs. Bader wurde nach Kriegsende von der französischen
Militärregierung als Oberstaatsanwalt eingesetzt. Zu seinem anti-nationalsozialistischen Netzwerk in Freiburg
während des „Dritten Reiches" vgl. Geschichte der Stadt Freiburg im Breisgau. Band 3: Von der badischen
Herrschaft bis zur Gegenwart. Hg. von Heiko Haumann und Hans Schadek. Stuttgart 1992, besonders S. 328
und 766 f.

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