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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
122.2003
Seite: 262
(PDF, 58 MB)
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völkerung, die bis zu ihrer Vertreibung und Ermordung unter der Nazidiktatur einen hohen Anteil an der
Einwohnerschaft ausmachte. Bereits am Anfang des 18. Jahrhunderts wanderten aus der Schweiz, dem
Elsass, aber auch aus badischen Gebieten Juden zu, die jedoch erst in den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts
ihre bürgerliche Gleichstellung erhielten. Konfliktstoff zwischen Juden und Christen bildeten oftmals
ihre recht unterschiedlichen Berufe. Während Juden häufig mit Vieh- und Weinhandel ihr Auskommen
suchten, waren die alteingesessenen Eichstetter meist Bauern. Trotzdem, das gegenseitige Verhältnis
gestaltete sich im allgemeinen zufriedenstellend. Eher war es die industrielle Revolution und ihre
Auswirkungen am Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts, die viele Eichstetter, gleich welcher
Herkunft, in Mitleidenschaft zog. Sie entschlossen sich deshalb, meist mit Frau und Kindern, zur Auswanderung
. Manchmal, wie zum Beispiel in den großen Emigrationswellen von 1846 und 1857 machte
der Wegzug 20% der Gesamtbevölkerung aus. Wenn auch der größte Teil davon, wie bei späteren Auswanderungen
ebenfalls, nach Amerika zog, ist doch erwähnenswert, dass als zweitbeliebtestes Ziel die
Schweiz genannt wird.

Ab 1933, wegen zunehmender Verfolgung und Diskriminierung, wanderten zunächst vor allem junge
Juden aus, die in Deutschland keine Zukunft mehr für sich sehen konnten. Die älteren zogen, besonders
nach den Pogromen von 1938, ihren Kindern oftmals nach. Die noch verbliebenen Juden wurden schließlich
mit vielen anderen aus Baden im Oktober 1940 ins KZ Gurs deportiert und von dort ab 1942 meist
ins Vernichtungslager Auschwitz verbracht.

Wie eng das Verhältnis zwischen Juden und Christen hier und anderswo vor 1933 dennoch gewesen
ist, geht zum Beispiel aus einem Beitrag hervor, der die hebräisch-jiddischen und rotwelschen Ausdrücke
erklärt, die ins Deutsche Eingang fanden: Bammel, Gannef, Massel, Moores, Ramsch, Reibach, schachern
und schofel sind nur einige von ihnen, die wir heute noch ganz selbstverständlich benutzen, ohne
ihren Ursprung zu kennen.

Einigen Raum nehmen auch die Verhaltensweisen von Eichstetter Bürgern ein, als nach 1933 die Verfolgung
und Diskriminierung der Juden begonnen hatte. Was leider fehlt, sind Untersuchungen zur Enteignung
und Versteigerung jüdischen Besitzes nach 1938. Dieses heikle Thema bleibt wohl noch späteren
Forschungen vorbehalten.

Eine Reihe von Aufsätzen widmet sich in diesem Band den ganz alltäglichen Ereignissen in einer Dorfgemeinschaft
: Handel, Gewerbe, Verkehrswesen und Gemeindepolitik, Feierlichkeiten und Freizeitgestaltung
, Kirchen-, Schul- und Gesundheitswesen, Kunst und Brauchtum wurden von den Autoren erforscht
und in mehr oder weniger langen Beiträgen dargestellt.

Insgesamt gesehen gewinnt man durch dieses Buch ein recht facettenreiches Bild der jüngsten Vergangenheit
eines Dorfes in Baden. Besonders jüngere Menschen, die in letzter Zeit vermehrt danach fragen
, was denn ihre Ahnen so erlebt haben, können diesen Band, der mit zahlreichen Fotos und Tabellen
versehen ist, als Grundlage ihrer Nachforschungen nutzen. Detlef Vogel

Freiburger Biographien. Hg. von Peter Kalchthaler und Walter Preker. Promo Verlag, Freiburg
2002. 359 S., zahlreiche Abb., Broschur.

Aus 160 Portraits von Persönlichkeiten, deren Leben und Werk mit Freiburg zu tun hatte, ließen Peter
Kalchthaler und Walter Preker ein inhaltlich wie optisch attraktives Buch entstehen. Sie führen durch die
gesamte Stadtgeschichte, teilen die rund 900 Jahre in zehn Epochen ein und leiten jedes dieser Kapitel
mit einem knappen historischen Überblick ein. Entsprechend der Einwohnerzahl und der günstigen Quellen
- und Erinnerungslage sind das 19. und 20. Jahrhundert am dichtesten besetzt.

Mit der Biographie des ersten Freiburger Erzbischofs Bernhard Boll beginnt das Kapitel „Freiburg im
Großherzogtum Baden"; Großherzog Ludwig wird vorgestellt als Bewahrer der Universität und Namengeber
für die evangelische Ludwigskirche. Karl von Rotteck repräsentiert den Vormärz, der Republikaner
Gustav Struve, der Münstergeneral von Langsdorff oder der junge Preuße Maximilian Dortu die revolutionären
Ereignisse von 1848/49. Auch Künstler wie Anselm Feuerbach oder Unternehmer wir Bartho-
lomä Herder, Carl Metz und Jeremias Risler fehlen nicht.

Die Amtszeit des Oberbürgermeisters Winterer 1888 bis 1913, durch „Wachstum und Wohlstand" charakterisiert
, zeichnet sich auch auf dem kulturellen Sektor als fruchtbar aus durch Schriftsteller von Hansjakob
bis Gött, Vertreter der bildenden Künste, Architekten und den Münsterbaumeister Kempf. Der
Zentrumspolitiker Constantin Fehrenbach, der Mediziner Aschoff, der Philosoph Husserl und der Gründer
des Deutschen Caritasverbandes Werthmann stehen für Freiburgs überregionales Wirken. Insgesamt

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