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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
123.2004
Seite: 76
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3.4. Flugblätter im Zusammenhang mit Wahlen

Am 5. März trafen sich liberale und demokratische Vertreter aus dem Rheinland und dem deutschen
Südwesten, um angesichts der revolutionären Ereignisse in den deutschen Staaten einen
größeren Kreis von Reformern nach Frankfurt am Main zu berufen. Das Vorparlament aus 574
Vertretern des deutschen Volkes zog am 31. März in die Paulskirche ein, wobei die einzelnen
deutschen Staaten unterschiedlich vertreten waren. Die Aufgabe des Vorparlamentes war es, in
Zusammenarbeit mit den Regierungen die Einberufung einer Nationalversammlung vorzubereiten
und einen Wahlmodus zu schaffen.78 Am 1. April wurde über den Wahlmodus verhandelt
. Dabei wurde beschlossen, dass die Wahl der Abgeordneten zur konstituierenden Nationalversammlung
ohne Rücksicht auf einen Zensus, ohne Rücksicht auf Glaubensbekenntnisse
und ohne Standesunterschiede erfolgen sollte. In der Ausgestaltung des Wahlverfahrens und
des Wahlrechts gab es zwischen den einzelnen Bundesstaaten Unterschiede. So wurde jedem
Staat die Freiheit gelassen, ob die Wahl seiner Abgeordneten direkt oder indirekt erfolgen
sollte. Außerdem galten unterschiedliche Altersgrenzen für das Erreichen der Volljährigkeit,
und der Begriff der Selbstständigkeit der Staatsangehörigen wurde unterschiedlich ausgelegt.79
In Baden erfolgten die Wahlen der Abgeordneten indirekt nach den Vorschriften der badischen
Wahlordnung vom 23. Dezember 1818, wobei § 43 der Wahlordnung aufgehoben wurde,
welcher bloße Hintersassen, Gewerbegehilfen, Gesinde, Bediente usw.m von der Wahl aus-
schloss. Dabei wurden Wahlmänner gewählt, die wiederum die Abgeordneten für die Nationalversammlung
wählten. Deren Wahl, die von den revolutionären Ereignissen stark beeinträchtigt
wurde, erfolgte im April. Dabei bestimmten zahlreiche Gemeinden nach eigenem
Gutdünken einen Termin für die Wahl der Wahlmänner. Von Mitte Mai bis Mitte Juni fanden
die Wahlen der Abgeordneten für die Nationalversammlung statt, die von den Wahlmännern
bestritten wurden.81

Im Zusammenhang mit diesen Wahlen fand eine rege Produktion von Flugschriften statt, die
in der Öffentlichkeit unterschiedlichste Funktionen hatten. So gab es etwa Wahlempfehlungen
an die Stimmbürger, um die nominierten Kandidaten bekannt zu machen. Dieser Vorgang war
üblich, wurden die Wahlmänner doch durch Gruppierungen wie Wahlkomitees, Bürgerausschüsse
oder politische Vereine portiert.82

Auch in der späteren Phase der Wahl der Abgeordneten für die Nationalversammlung durch
die Wahlmänner sind Versuche zu beobachten, die Wahlen mittels Druck der Öffentlichkeit zu
beeinflussen. In einem Flugblatt an die übrigen Wahlmänner des Stadt- und Landamtes Freiburg
und des Amtes Breisach sprach der Wahlmann Max Ruef sich für die Unterstützung Karl
Theodor Welckers und gegen Karl Mez aus:

Karl Mez ist zwar ein Freund des Volkes, und von den besten Absichten erfüllt. Insbesondere spricht
gegen ihn, daß er in seiner Eigenschaft als badischer Abgeordneter in der erklärten Absicht bei dem Vorparlament
in Frankfurt sich betheiligte, um für Herstellung einer Föderativ-Republik in Deutschland mitzuwirken
. Jetzt ist Mez wieder für die konstitutionelle Monarchie. Dies beweist keine gründliche Kenntnis
der deutschen Geschichte und der deutschen Zustände und ein Mangel an Reife und Selbstständigkeit
des Unheils.

Karl Mez gehört ferner zu jener finstern Sekte, welche man Pietisten nennt. Diese Sekte ist schon durch
mehrere Würtemberger hinlänglich vertreten; ihre Zahl zu vermehren ist nicht rathsam. Auch eignet sich
ein Pietist nicht zur Vertretung einer nach Licht und Forschung strebenden Bevölkerung ...

Was dagegen den andern Kandidaten Welcker betrifft, so genügt es, seinen Namen zu nennen; einer der

78 Manfred Botzenhart: 1848/49. Europa im Umbruch. Paderborn 1998, S. 91 ff.

79 Karl Obermann: Die Wahlen zur Frankfurter Nationalversammlung im Frühjahr 1848. Berlin 1987, S. 10 ff.

80 Großherzoglich Badisches Regierungsblatt, Karlsruhe, Nr. XVI vom 26.3.1848, S. 61 ff. Zitiert nach Obermann
(wie Anm. 79), S. 208.

81 Ebd., S. 207 ff.

82 Botzenhart (wie Anm. 78), S. 95.

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