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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
123.2004
Seite: 78
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Die Armee bildete für den Fürsten ein zuverlässiges Mittel, um gegen die inneren Feinde
vorzugehen. Der Grund dafür lag unter anderem darin, dass die Mehrheit der Offiziere adelig
war, und dass sich die wenigen bürgerlichen Offiziere, die es seit den 1840er-Jahren gab, den
adligen Weltvorstellungen und Verhaltensweisen anschlössen.

Der politische und gesellschaftliche Wandel, der sich mit den Ereignissen im März 1848 beschleunigte
, veränderte das Verhältnis der demokratischen Opposition zur Armee. Es wurde erkannt
, dass ein politischer Ausgleich mit der bewaffneten Macht und ihre Durchsetzung mit liberalen
Ideen Grundvoraussetzungen für jede außerparlamentarische Aktion waren.88
Mit den an der Jahreswende 1848/49 publizierten Grundrechten des deutschen Volkes89 wurden
die Menschen- und Grundrechte auf das Militär ausgedehnt. Dadurch eröffnete sich den
politischen Strategen der Volksvereine die Möglichkeit, sich Zugang zum Militär zu verschaffen
und den Schulterschluss zwischen Soldat, Bürgerwehren und Volksvereinen propagandistisch
vorzubereiten. Die politische Agitation in der Armee wurde deshalb zu einem Schwerpunkt
der Volks vereine.

Die Volksvereine hatten in dieser Hinsicht großen Erfolg, wobei die Gründe dafür auf zweierlei
Faktoren zurückzuführen waren: Einerseits waren die Soldaten wegen Ungerechtigkeiten,
Erniedrigungen und körperlichen Misshandlungen seitens ihrer Vorgesetzten unzufrieden, andererseits
wurde die Sozialstruktur der Armee durch die Aufhebung des Einsteherwesens im
Februar 1849 und durch die konsequente Durchsetzung der allgemeinen Wehrpflicht verändert
.90 Damit verstärkte sich der egalitäre Charakter: Die Bauernarmee wurde zu einem Bürgerheer
, welches die politischen und sozialen Probleme der Gesamtgesellschaft widerspiegelte.

In dieser Lage fand die Propaganda der Volks vereine nahrhaften Boden und manifestierte
sich in Forderungen für die Einführung der Grundrechte in der Armee, einschließlich dem Versammlungsrecht
und der freien Wahl der Offiziere.

Mit der Ablehnung der Reichsverfassung verschärfte sich die Situation. Die Volksvereine
riefen das badische Militär auf, sich auf die Seite des Volkes zu stellen und sich dem Versuch
der Regierung zu widersetzen, die Reichsverfassungskampagne mit militärischen Mitteln zu
unterdrücken. In der Folge kam es im Mai 1849 in einzelnen Garnisonen zu Meutereien von
Soldaten, welche sich mit der Reichsverfassungskampagne solidarisierten. Sie erhoben sich
gegen ihre Offiziere und schickten Vertreter zu der am 13. Mai 1849 in Offenburg stattfindenden
Volksversammlung des Landesausschusses der Volks vereine.91

Während dieser Zeit gab es eine Flut von Flugschriften, welche unterschiedlichste Funktionen
hatten. Sie dienten zum Beispiel dazu, die Soldaten für die Belange der Volksvereine zu
interessieren, sie auf deren Seite zu ziehen und sie aufzufordern, sich nicht gegen das Volk zu
erheben:

Soldaten des badischen Landes!... Sprecht, was achtet Ihr höher, die Vorteile einer fürstlichen Seite, oder
das Glück Eures Volkes, das Blut Eurer Väter und Brüder? Wollt ihr die blinden Vollstrecker der Befehle
hoher Gebieter sein, oder als freie Männer mit Euren Brüdern Hand in Hand gehen ? ... Schaut hin auf Eure
Brüder in Würtemberg! Sie haben zu dem Volke gehalten. Wollt Ihr schlechter sein, als sie? - Nein! Ruft Ihr
uns entgegen! So geht denn mit uns!... Wir reichen Euch die Bruderhand. Steht mit dem Volke!92

Doch auch die Gegenseite verharrte nicht und reagierte auf den Aufruf der Volksvereine an
die Soldaten gleichfalls mit Flugblättern. In einer Bekanntmachung nahm die Großherzog-

88 Badisches Landesmuseum Karlsruhe (wie Anm. 3), S. 309 f.

89 Vgl. StadtAF, Dvd 7680 RARA, Teil 1, Blatt 151.

90 Das Einsteherwesen ermöglichte es dem Wohlhabenden, sich vom Wehrdienst freizukaufen und an seiner Stelle
für eine bestimmte Summe so genannte Einsteher in den Wehrdienst zu schicken. Dieses System wurde in Baden
und in vielen anderen deutschen Staaten praktiziert.

91 Badisches Landesmuseum Karlsruhe (wie Anm. 3), S. 311 f.

92 StadtAF, Dvd 7680 RARA, Teil 1, Blatt 212.

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