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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
123.2004
Seite: 80
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des badischen Militärs zu den Revolutionären die Gelegenheit benutzt hatten, ihre Einheiten
zu verlassen und in ihre Heimatorte zurückzukehren."

Mit dem Kampf gegen die preußischen Truppen im Mai/Juni 1849 zirkulierten Flugblätter,
die dem entgegenwirken sollten. So hieß es in einem Aufruf an die badischen Soldaten:

Wer in der jetzigen Zeit die Fahne verlässt, der verdient, daß man ihn als einen Feigen und als einen
Verräther behandelt, und wenn wir einen solchen zur gebührenden Strafe ziehen, so werden seine Kameraden
im Interesse der eigenen Ehre uns darin unterstützen.100

3.5.2. Flugblätter und ihre Funktion für die Bürger- und Volkswehren

Eine der frühen liberalen Forderungen war es, die stehenden Heere, die unter dem Oberbefehl
des Monarchen standen, durch Volksbewaffnung mit frei gewählten Offizieren zu besetzen.
Während der Märzbewegung von 1848 wurden an vielen Orten bewaffnete Einheiten gebildet,
welche die vorhandenen, aber nur zu Paradezwecken dienenden Bürgermilitärverbände ersetzten
. Die neu geschaffenen Bürgerwehren waren wegen Geldmangels zumeist mit Piken
und gerade geschmiedeten Sensen aber nur selten mit Gewehren bewaffnet.101

Seit dem 1. April 1848 regelte in Baden und Württemberg das sogenannte Bürgerwehrgesetz
die Einrichtung von Bürgerwehren und bestimmte, dass nach dem Willen der Regierung
die Bürgerwehren lediglich zur Verteidigung des Landes und der Verfassung gedacht waren.
Mit dieser Bestimmung wurden alle Einwohner einer Gemeinde, einschließlich der bisher ausgeschlossenen
Schichten wie etwa der Juden, zum Einsatz verpflichtet.

Die Bürgerwehren wurden von beiden Seiten instrumentalisiert und spielten während der
Revolution eine ambivalente Rolle. So konnten einerseits die Regierung und die Konstitutionellen
immer wieder auf die in den Bürgerwehren vorhandene konservative Grundhaltung
zurückgreifen und sie für gegenrevolutionäre Aktionen einsetzen, andererseits profitierten der
Hecker-Zug im April 1848 und der Struve-Putsch im September 1848 von bewaffneten Teilnehmern
der Bürgerwehr. Auch die Mairevolution von 1849 stützte sich maßgeblich auf die
Bürgerwehren. Es hing somit meist von den Mehrheitsverhältnissen in einer Stadt ab, welche
Haltung die Bürgerwehren zu den demokratischen Bewegungen einnahmen.102

Die Völkswehr entstand aus den verschiedenen Bürgerwehren und Freischaren, die während
der Mairevolution von 1849 reorganisiert wurden. Das erste Aufgebot umfasste alle 18- bis 30-
jährigen Männer, die voll diensttauglich und noch ledig waren. Sie wurden zusammen mit den
Freischaren unter dem Kommando Johann Philipp Beckers, eines auf vielen europäischen Revolutionsschauplätzen
bekannten und geschätzten militärischen Führers, als Volkswehr organisiert
und ausgebildet.103

Flugschriften dienten den Bürger- und Volkswehren zur Rekrutierung ihres Personals und
fungierten hauptsächlich als Aufgebote, wie folgendes Beispiel zeigt:

Der Gemeinderath an die gesamte Bürgerschaft. Durch Großherz. Wohllöbl. Stadtamt wurde uns ein
Erlass Großherz. Hochpreislichen Ministeriums des Innern mitgetheilt, worin gesagt ist:

„In Betracht der neuern Ereignisse in Frankreich, welche in ihrer Rückwirkung auf Deutschland auch
die Ruhe und Ordnung im Großherzogthum bedrohen können, wird es nothwendig sein, überall oder wenigstens
in verschiedenen Bezirken, und namentlich in größern Städten eine Bürgerwache einzuführen."

„Man ist damit beschäftigt, in dieser Beziehung schleunigst eine allgemeine Verordnung zu bearbeiten
. Vorläufig ist jedoch, insofern ein Bedürfnis dazu vorliegt, allenthalben auf dem Grund des §.16 der
Verordnung vom 28. Mai 1810, die Aufstellung von Bürgerwachen zu veranlassen."

Obschon wir in die hiesige Bürgerschaft von jeher auszeichnende Ordnungsliebe alles Vertrauen set-

99 Badisches Landesmuseum Karlsruhe (wie Anm. 3), S. 322.
'00 StadtAF, Dvd 7680 RARA, Teil 1, Blatt 295.

101 Revolution im Südwesten (wie Anm. 22), S. 736.

102 Badisches Landesmuseum Karlsruhe (wie Anm. 3), S. 160 f.

103 Revolution im Südwesten (wie Anm. 22), S. 745.

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