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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
123.2004
Seite: 102
(PDF, 49 MB)
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spiel: Wie wir lesen, so glaubet ihr, wir müssen noch immer in der Gefahr der Araber leben.
Nein, das ist nicht mehr der Fall bei uns, sie sind gute Leute, wenn man mit ihnen sprechen
kann. Johann Neuninger schreibt 1853 an seinen Schwager und seine Schwester in Rotweil:
Das muß man nicht glauben, daß die Leute so schwarz und räuberisch sind, die sind fürneh-
mer als in Baden, denn warum ? Die Kost haben sie besser. In einem Brief von Nikolaus Amann
klingt sogar Bewunderung über die körperliche Robustheit der Berber durch: Dort hat es geschneit
2 Schuh und der ganze Hornung33 war weiß. Und doch sind die Araber barfuß gelaufen
, sie haben nichts als einen Mantel an und wohnen in dem Gebirg und halten sehr viel Vieh.
Sie haben kein Haus, keine Scheuer, keinen Stall, das Vieh ist Tag und Nacht unter freiem Himmel
und doch laden sie dem Pferd oder Maulesel löfranz. Sester und noch zwei der schwersten
Männer auf und gehen auf den Markt.

Im gleichen Brief wird aber auch deutlich, wie selbstverständlich die neuen Siedler das Land
der ursprünglichen Bevölkerung in Besitz nahmen: Zuerst hatten wir viel Feld bekommen, welches
schon von den Arabern gewesen ist und wir jetzt die schönsten Früchte halten und auch
sehr viele schon bekommen. Auch in einigen anderen Briefen werden Enteignungen nebenbei
erwähnt; dass den Besitzern des Landes Unrecht angetan wurde, scheint den Siedlern nicht in
den Sinn gekommen zu sein. Solche Konfiskationen waren in der frühen Phase der Besatzung
und auch noch als die Auswanderer vom Kaiserstuhl eintrafen die Regel; bestehende Besitzansprüche
wurden weitgehend ignoriert. Nach der Niederschlagung des letzten großen Aufstandes
der Stämme 1847 änderte sich das allmählich: Die französischen Behörden sahen die
einheimische Bevölkerung zunehmend nicht mehr als Feind; Konfiskationen wurden mehr und
mehr durch rechtmäßigen Erwerb ersetzt. Der Senatus-Consulte vom 22. April 1863, der die
algerischen Stämme offiziell zum Eigentümer ihres Landes erklärte, ist Ausdruck dieser Entwicklung
.34

Rückkehrer

Unter dem Eindruck der Schwierigkeiten, denen die Siedler aus Baden in Algerien ausgesetzt
waren, versuchten insbesondere in den 1840er-Jahren einige, in ihre Heimatorte zurückzukehren
. Das war in der Regel nicht einfach: Schon bei Erteilung der Auswanderungserlaubnis hatte
man die Auswanderungswilligen darauf hingewiesen, dass sie mit dem Antritt der Auswanderung
ihr Bürger- und Gemeinderecht in Baden verlieren und, wenn sie später wieder zurückkehren
wollten, als Landesfremde behandelt werden würden.

Die Rückkehrer hatten außerdem meistens überhaupt kein Vermögen; die Gemeinden waren
über die zusätzliche Belastung alles andere als erfreut. Wer wieder in die Heimat wollte,
konnte also nicht mit Unterstützung rechnen. Jedoch führten die positiven Erfahrungen, die der
größte Teil der Kaiserstühler in Algerien gemacht hatte, dazu, dass sich kaum einer ernsthaft
um eine Rückkehr bemühte.

Ein interessanter Sonderfall ist der Ort Pfaffenweiler:35 Nachdem im Jahr 1853 eine größere
Gruppe mit finanzieller Unterstützung der Gemeinde ausgewandert war und in Algerien lange
nicht so gute Bedingungen vorgefunden hatte wie erwartet, bemühte sich Wilfried Luhr, einer
der Auswanderer, in drei Bittgesuchen an den Großherzog von Baden um die Erlaubnis zur
Rückkehr. Im zweiten Bittschreiben erhebt er harte Vorwürfe gegen den Gemeinderat und
spielt auf dessen Waffenkäufe während der 1848er-Revolution an, die auch durch andere Quellen
belegt sind:36 Wenn nun der Gemeinderath die Kosten, uns aus dem Elend, in das wir von

33 Hornung = Februar.

34 Siehe hierzu Hollins McKim Steele: European Settlement vs. Muslim Property - The Foundation of Colonial
Algeria 1830-1880. Ann Arbor 1965.

35 Siehe Auer (wie Anm. 11 und 19).

36 Zitiert nach Auer (wie Anm. 19), S. 50 f.

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