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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
123.2004
Seite: 125
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Das Schicksal einiger Logenbrüder des FZAS ab 1933

Das im vorangegangenen Kapitel letztgenannte Freiburger Zeugnis, die vordergründig so glau-
bensgewiss auf ein neues Europa der Verständigung mit Frankreich zielende Betrachtung Hausers
, enthält zugleich ein hohes Maß an Resignation. Enttäuschung darüber, dass im eigenen
Lande der gute Wille des FZAS, mit dem Nachbarn jenseits des Rheins wenigstens freimaurerisch
ins Reine zu kommen, zumal auf Wissenschaftlerebene oder in Sportbegegnungen ein
Austausch der beiden Nationen längst im Gange war, nicht nur nicht gewürdigt worden war,
sondern der Bund seitens der regulären deutschen Obedienzen obendrein bis zum Vorwurf des
Vaterlandsverrats diskreditiert, ja verleumdet worden ist. Dies zumeist unter Hinweis auf die
Bedingungen des Diktatfriedens von 1919, der zeitweiligen Ruhr- und mindestens eine Dekade
währenden Besetzung des linksrheinischen Deutschland durch die Franzosen. Bemerkenswert
auch Hausers Voraussage der Auflösung aller Großlogen im Reich für den Fall der
Machtübernahme der extremen Rechten; eine indes nur scheinbare, später allerdings eingetretene
Prophezeiung, die sich durchaus auf konkrete Zeichen der Monate und Jahre davor gründen
konnte.

In der Tat vollzog sich nicht erst durch das staatspolitische Ereignis vom 30. Januar 1933
der historische Wandel in Deutschland, sondern schicksalhaft entwickelten sich bereits die
Vorjahre. Der Großmeister des FZAS, Dr. Max Seber-Dresden, drückte seine Empfindungen
und Beobachtungen im Januarheft 1932 der Bundeszeitschrift „Das neue Freimaurertum" so
aus:

Schwerwiegende Entscheidungen werden in diesem Jahre fallen ... Im Januar die Reparationskonferenz,
im Februar die Abrüstungskonferenz ... Der Krieg von 1914 und der Friede von 1919, sie sind wohl
gleichermaßen schuld an diesem dämonischen Unheil, das sich vor unsern Augen abspielt. Unser Nachbar
Frankreich hat im Sommer des vergangenen Jahres eine historische Stunde verpasst, als er die
großzügige Initiative Hoovers durch seine kleinlichen Bedenken und langatmige Feilscherei um die mögliche
Auswirkung brachte ...Es nutzt nichts, den Frieden zu preisen und sich gleichzeitig zu weigern, auch
nur das kleinste Opfer für den Frieden zu bringen ... Leider sind die pazifistischen Kreise Frankreichs
heute ziemlich ohnmächtig und die verantwortlichen Staatsmänner sind keine Führer, sondern Exponenten
der Parteistimmungen ... Gerade wir pazifistischen Freimaurer haben Ursache, nichts von den ungeheuren
Schwierigkeiten zu verschweigen, die heute der deutsch-französischen Verständigung im Wege
stehen. Nicht weil wir unsre Arbeit aufgeben, sondern eben weil wir sie fortsetzen wollen ...

Ein Gefühl erhöhter Unsicherheit hatte sich vor allem der jüdischen Mitglieder im FZAS
weit früher bemächtigt, und der „entscheidende Wendepunkt" der deutsch-jüdischen Beziehungen
in Lande war „zwischen 1930 und 1932" erreicht.38 Und als Hitler zum Reichskanzler
ernannt worden war, Ende Februar 1933 der Reichstag in Flammen aufging, die Grundrechte
außer Kraft gesetzt wurden und Verhaftungen erfolgten (darunter die des weihnachts-
amnestierten Carl von Ossietzky), die Reichstagswahlen am 5. März die absolute Mehrheit der
Rechtsextremen hervorbrachten, am 23. März das Ermächtigungsgesetz gebilligt, für den
1. April zum Boykott der Juden aufgerufen und am 7. April das Berufs Verbotsgesetz verkündet
wurde, hatten bereits etliche Intellektuelle in drei Emigrationswellen Deutschland verlassen
oder waren nicht mehr dahin zurückgekehrt. Darunter Bert Brecht nebst Familie, Oskar
Maria Graf, Alfred Kerr, Fritz Kortner, Ernst Lubitsch, Heinrich Mann sowie sein Bruder
Thomas Mann. Im gleichen Zeitraum hatten die Großbeamten des FZAS auf einer außerordentlichen
Sitzung in Berlin am März-/April-Wochenende beschlossen, den Bund für das
Reichsgebiet aufzulösen und sein „maurerisches Licht" an die tschechischen Brüder in Prag
weiterzugeben.

Bislang unentdeckt blieb, dass der nach Frankreich emigrierte Mathematiker und Publizist

38 Entscheidungsjahr 1932. Zur Judenfrage in der Endphase der Weimarer Republik. Hg. von Werner E. Mosse.
Tübingen 1965.

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