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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
123.2004
Seite: 139
(PDF, 49 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2004/0139
... Strafurteilen zum Trotz, sein Ohr dem Ausland geliehen.
Die Verfolgung des verbotenen Hörens ausländischer Sender
während des Zweiten Weltkriegs in Südbaden1

Von

Michael P. Hensle

Die „Verordnung über außerordentliche Rundfunkmaßnahmen"

Vor etwa 3 Wochen brachte mir mein zuständiger Blockleiter einen Mahnzettel ins Haus, dessen
Aufschrift vor dem Abhören ausländischer Sender warnt. Leider war meine Neugierde immer
noch größer als die Angst, so dass ich auch trotz des Zettels noch einige Male ausländische
Sender abhörte. Mit diesen Worten gestand der Metallarbeiter Ernst W. ein, verbotenerweise
ausländische Stationen eingeschaltet zu haben.2 Das Hören ausländischer Sender war
mit Kriegsbeginn aufgrund der „Verordnung über außerordentliche Rundfunkmaßnahmen" des
Reichspropagandaministers Joseph Goebbels verboten worden.3 Diese so genannte Rundfunkverordnung
vom 1. September 1939 unterschied nach zwei Tatbeständen: Abhören (§ 1)
und Weiterverbreiten (§2).

Paragraf 1 besagte:

Das absichtliche Abhören ausländischer Sender ist verboten. Zuwiderhandlungen werden
mit Zuchthaus bestraft. In leichteren Fällen kann auf Gefängnis erkannt werden. Die benutzten
Empfangsanlagen werden eingezogen.

Bei Weiterverbreitung von Nachrichten sah Paragraf 2 eine Strafverschärfung vor:

Wer Nachrichten ausländischer Sender, die geeignet sind, die Widerstandskraft des deutschen
Volkes zu gefährden, vorsätzlich verbreitet, wird mit Zuchthaus, in besonders
schweren Fällen mit dem Tode bestraft.

Die Ahndung von Verstößen gegen die Rundfunkverordnung, die alsbald als „Rundfunkverbrechen
" gebrandmarkt wurden, oblag den NS-Sondergerichten. Damit sollten eine abschreckende
Wirkung erzielt und ein „kurzer Prozess" gesichert werden. Die Sondergerichte
sollten jedoch nur nach Strafantrag der Geheimen Staatspolizei tätig werden. Diese Einschränkung
, die Strafverfolgung nur auf Antrag der Staatspolizeistellen eintreten zu lassen,
hatte Reichsinnenminister Wilhelm Frick erwirkt, um auszuschließen, dass die Staatsanwaltschaft
jeder Denunziation nachgehen muss.4 In einem ersten Erlass des Geheimen Staatspolizeiamtes
zur Rundfunkverordnung wies Reinhard Heydrich die Staatspolizei(leit)stellen an,
lediglich eindeutige Fälle und nur wirkliche Volksschädlinge vor die Sondergerichte zu bringen
, die auch für die Allgemeinheit eine abschreckende Wirkung haben und daher zu möglichst
exemplarischen Strafen - möglichst nicht zu geringen Strafen und erst recht nicht zu Frei-

' Zusammenfassende und auszugsweise Darstellung meiner Publikation: Michael P. Hensle: Rundfunkverbrechen
. Das Hören von „Feindsendern" im Nationalsozialismus. Berlin 2003.

2 Vernehmung vom 6.2.1942; vgl. Staatsarchiv Freiburg (StAF), A47/1-639.

3 Reichsgesetzblatt (RGBl.) 1939 I, S. 1683.

4 Vgl. Bundesarchiv (BArch), R 43 11/639, Bl. 122.

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