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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
123.2004
Seite: 141
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ten die Anbringung an den Rundfunkgeräten kontrollieren.13 Dass dies auch geschah, belegt
das eingangs zitierte Beispiel. Allerdings musste selbst der Sicherheitsdienst (SD) in seinem
Bericht vom November 1941 eingestehen, dass die Aktion in allen Kreisen der Bevölkerung
eine stark negative Aufnahme finde. Man empfinde die Anbringung dieser Zettel als eine Kränkung
und Beleidigung, die auch durch den Hinweis nicht entkräftet werde, daß sich diese Aktion
nicht gegen einzelne Volksgenossen richte, sondern sich an die Gesamtheit des deutschen
Volkes wende.14 Der SD-Leitabschnitt München äußerte darüber hinaus die Befürchtung, mancher
Volksgenosse würde sogar auf die Abhörmöglichkeit erst aufmerksam gemacht oder aber
die Warnzettel als Tarnung nach außen hin benutzen.15 Wie dem auch sei, das oben zitierte Beispiel
belegt ebenfalls, dass sich willentliche Abhörer wohl kaum von dem Warnzettel abhalten
ließen. So wurde eine Zeit lang ernsthaft erwägt, einen Auslandsempfang dadurch zu verhindern
, dass die Rundfunkgeräte auf bestimmte Sender fixiert oder die Kurzwellenteile ausgebaut
werden sollten. Aber angesichts des technischen und finanziellen Aufwands wurde
schließlich Abstand davon genommen.

Auf eine andere Idee der Präventionen verfiel der badische Gauleiter Robert Wagner. Nachdem
er bereits in seiner Eigenschaft als Chef der Zivilverwaltung im Elsass angeordnet hatte,
dort bis zu einem Drittel aller Radiogeräte einzuziehen, regte er solche Maßnahmen auch für
das Reichsgebiet an: Die Geräte seien all denen wegzunehmen, die nicht positiv für den Staat
eintreten. Nach Ansicht des Gauleiters, so in seinem Schreiben an NS-Reichsleiter Martin Bormann
, reiche es schon aus, zehn Prozent aller Apparate einzuziehen und damit ein Exempel zu
statuieren.16 Doch weder Bormann noch Goebbels mochten sich den Anregungen des Gauleiters
von Baden anschließen. Insbesondere der Propagandaminister lehnte den Vorschlag ab:
Das würde ich für verhängnisvoll halten, weil wir uns damit des besten Volksführungsmittels
berauben, das uns augenblicklich zur Verfügung steht.17

Das „Feindsenderhören" im Dreiländereck

Das Rundfunkgerät hatte zur damaligen Zeit bereits eine weite Verbreitung in Deutschland gefunden
. Im Reichsdurchschnitt wurden 61 Rundfunkteilnehmer pro 100 Haushaltungen im
Jahr 1940 gezählt. In Baden lag die Rundfunkdichte mit 57 Rundfunkteilnehmern auf 100
Haushaltungen etwas unter dem genannten Reichsdurchschnitt. Während im Stadtkreis Freiburg
mit 70 Teilnehmern dieser Durchschnitt überschritten wurde, lag dagegen die Quote in
südbadischen Landkreisen mit wenigen Ausnahmen unter dem Reichsmittel.18

In Südbaden bestand aufgrund der Grenzlage zur Schweiz und zum Elsass eine gewachsene
Tradition, die deutschsprachigen Nachbarsender, allen voran den Schweizer Landessender
Beromünster und Radio Straßburg, einzuschalten. Während Radio Straßburg und ebenso
Radio Luxemburg im Sommer 1940 im Zuge der Besetzung Frankreichs und der Benelux-
Staaten unter deutsche Kontrolle gerieten und fortan als „Reichssender" genutzt wurden,
konnte Radio Beromünster während des gesamten Krieges sein Programm ungestört ausstrah-

13 Der Blockwart oder Blockleiter repräsentierte die kleinste Organisationseinheit der NSDAP und war in seinem
Wohngebiet für die politische „Betreuung" und Überwachung von etwa 40-60 Haushalten zuständig; vgl.
Detlef Schmiechen-Ackermann: Der „Blockwart". Die unteren Parteifunktionäre im nationalsozialistischen
Terror- und Überwachungsapparat. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 4, 2000, S. 575-602.

14 Auszug für die Reichspropagandaleitung der NSDAP aus dem SD-Bericht Nr. 240 vom 24.11.1941; vgl. BArch,
NS 18/315, Bl. 33.

15 SD-Leitabschnitt München, Bericht vom 10.8.1942; vgl. BArch, R 58/626, Bl. 118 f.

16 Schreiben Wagners an Bormann vom 15.2.1943; BArch, NS 18/317, Bl. 101.

17 Tagebucheintragung vom 9.3.1943; Die Tagebücher von Joseph Goebbels. Teil II: Diktate 1941-1945. 15 Bde.
Hg. von Elke Fröhlich. München/New York/London/Paris 1993-1996, hier Bd. 3, S. 501.

18 Vgl. „Verbreitung des Rundfunks im Deutschen Reich in den kleineren Verwaltungsbezirken am 1. April 1940."
In: Rundfunkarchiv, 1941, S. 71 f.

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