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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
123.2004
Seite: 142
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len.19 In manchen Gegenden war der 100 kW starke Schweizer Landessender zudem noch besser
zu empfangen als beispielsweise der Reichssender Stuttgart. Hinzu kam, wie der SD in seinen
Meldungen 1941 bedauerte, dass Beromünster mit seiner Frequenz sehr nahe neben deutschen
Sendern liege und dadurch der unerwünschte Sender oft mitgehört werde.20 Außerdem
wurde der Stuttgarter Sender in den Abendstunden nach 20 Uhr abgeschaltet bzw. auf die
Welle des Reichssenders Breslau umgeschaltet, um alliierten Bomberverbänden keine Peilhilfe
zu bieten.21 Der frühe Sendeschluss des Reichssenders Stuttgart führe dazu, wie wiederum der
SD beklagen musste, daß in einzelnen Schwarzwaldtälern ab 21.15 Uhr keinerlei Radioprogramm
mehr empfangen werden kann.22 Da ist es nicht weiter verwunderlich, wenn auch verbotenerweise
ausländische Sender eingeschaltet wurden, insbesondere Radio Beromünster, der
Sender, der die Ätherwellen im deutschen Südwesten dominierte.

Aber auch andere Sender wurden eingestellt. So etwa die Stationen der BBC (British Broad-
casting Corporation), die ab September 1938 ihr deutschsprachiges Programm aufnahmen,
jedoch nach Kriegsbeginn in ihrem Empfang durch den Einsatz deutscher Störsender stark
beeinträchtigt wurden. Ebenso wurden Stationen aus dem (unbesetzten) Frankreich abgehört
wie auch die mit Fortschreiten des Krieges verstärkt auftretenden Tarn- oder Geheimsender,
die vorgaben, insgeheim von deutsch kontrolliertem Gebiet aus zu operieren, zumeist tatsächlich
von der britischen Insel ihr Programm ausstrahlten. Zu diesen Tarnsendern gehörten auch
die ab 1943 weit verbreiteten Soldatensender, wie etwa der Atlantiksender/Soldatensender
Calais.23 Selbst Radio Moskau, das von Anfang an gestört wurde, wurde in Südbaden eingeschaltet
. Allerdings bedurfte es zum Abhören solcher Sender in der Regel eines guten Empfangsgerätes
, ein einfacher Völksempfänger reichte für gewöhnlich nicht aus. So spiegeln die
nachfolgend genannten Einschaltquoten ausländischer Sender nicht unbedingt die bevorzugten
Sender, sondern in erster Linie die Empfangsbedingungen wider: Mit 61 Prozent war der
Schweizer Landessender Beromünster der meistgehörte Sender, gefolgt von London mit 25
Prozent der Hörerschaft. Den französischen Sendern kam mit rund 7 Prozent wie auch den
Tarnsendern mit etwa 4 Prozent eine geringe Abhörbedeutung zu. Eine ebenso marginale Rolle
spielte Radio Moskau mit einer Einschaltquote von 3 Prozent. Zum Vergleich die Abhörsituation
in der Reichshauptstadt Berlin: Zwei Drittel der Hörer stellten die britischen Stationen des
BBC ein, rund 15 Prozent hörten die alliierten Tarnsender und immerhin fast jeder zehnte Beschuldigte
hatte Radio Moskau eingestellt, dagegen sind die französischen Stationen wie auch
der Schweizer Landessender Beromünster mit jeweils 6 Prozent Einschaltquote zu vernachlässigen
.24

Der Vergleich weist eine auffällige Dominanz westalliierter oder im Falle Beromünsters
neutraler Sender auf. Dieser Befund wird durch eine Befragung bestätigt, die von der Forschungsabteilung
des US-Heeres im Frühsommer 1945 in Hessen-Nassau auf der Basis von

19 Nach Willi A. Boelcke: Die Macht des Radios. Weltpolitik und Auslandsrundfunk 1924-1976. Frankfurt a. M./
Berlin/Wien 1977, S. 355, wurde Beromünster „seit 1939 heftig gestört". Aus einem Bericht des Leiters Rundfunk
an Goebbels vom 13.12.1941 geht jedoch hervor, dass Störungen weder vorgenommen wurden noch beabsichtigt
waren; vgl. Sonderarchiv Moskau (CCHIDK), 1363/1/56.

20 Vgl. Ralf B. Herden: Meldungen aus dem Reich - Meldungen aus Baden. In: Die Ortenau 70, 1990, S. 504-
527, hier S. 516.

21 Vgl. den Bericht „Leiter Rundfunk" (Stäche) an Goebbels „Betrifft: Schweizerischen Landessender Beromünster
" vom 13.12.1941; CCHIDK, 1363/1/56.

22 Vgl. Herden (wie Anm. 20), S. 514.

23 Vgl. hierzu Conrad Pütter: Rundfunk gegen das „Dritte Reich": deutschsprachige Rundfunkaktivitäten im Exil
1933-1945. Ein Handbuch. München/London/New York/Oxford/Paris 1986, sowie: Der Kampf um die Ätherwellen
: Feindpropaganda im Zweiten Weltkrieg. Hg. von Hans Sarkowicz und Michael Crohne. Frankfurt
a.M. 1990.

24 Die Daten wurden rekonstruiert aus den untersuchten Verfahrensakten der Sondergerichte Freiburg sowie Berlin
und vermitteln somit in erster Linie ein Abhörprofil der Beschuldigten bzw. Verurteilten der jeweiligen Sondergerichtsbezirke
, vgl. hierzu Hensle (wie Anm. 1), S. 319 f.

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