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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
123.2004
Seite: 152
(PDF, 49 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2004/0152
Die Errichtung des Freiburger Sondergerichts wurde infolge der Ausweitung der Sondergerichtsbarkeit
aufgrund der neuen Kriegssonderstrafrechtsbestimmungen, wozu u. a. auch die
Rundfunkverordnung zählte, im Oktober 1940 verfügt, als absehbar war, dass das Sondergericht
Mannheim,60 ursprünglich seit 1933 für ganz Baden zuständig, dem Arbeitsanfall der
künftigen justiziellen Verfolgung nicht mehr gewachsen sein würde. Der neu errichtete Freiburger
Sondergerichtsbezirk besaß eine Zuständigkeit für die Landgerichtsbezirke Offenburg,
Freiburg, Waldshut sowie Konstanz und reichte damit von der Rheingrenze über den Schwarzwald
bis zum Bodensee. Zum Vorsitzenden des Sondergerichts Freiburg wurde der Freiburger
Landgerichtspräsident von Frankenberg bestellt, als stellvertretende Vorsitzende wurden der
Landgerichtsdirektor Dr. Göring und der Landgerichtsrat Dr. Orth ernannt.61 Die Landgerichtsräte
Dr. Straumann, Stroh und Dr. Otto Müller waren als Beisitzer vorgesehen, zu denen
noch im April 1941 der Landgerichtsrat Dr. Künstle62 und im Oktober 1941 der Amtsgerichtsrat
Dr. Rieber63 kamen. Im Januar 1942 wurde als weiterer stellvertretender Vorsitzender
der Landgerichtsdirektor Walter Krug bestellt, offenbar schied dafür der bisherige Stellvertreter
, Landgerichtsdirektor Dr. Göring, aus.64

Die Anzahl der Verfahren, die das Sondergericht Freiburg bis Kriegsende führte, lässt sich
nicht exakt ermitteln, da die Justizregister nicht mehr erhalten sind. Doch waren, nach den
Aktenzeichen zu schließen, wohl über 1000 Verfahren insgesamt anhängig gewesen. Sicher
nachweisen lassen sich 733 Strafverfahren, darunter auch 109 Rundfunkverfahren mit 165 Beschuldigten
.

Mit der Entscheidung der Gestapo, einen Strafantrag zu stellen, verband sich die Übergabe
der Beschuldigten an die Justiz. Diese wurden aus der Polizeihaft entlassen und zugleich dem
Haftrichter des zuständigen Amtsgerichts zwecks Erlass eines Haftbefehls vorgeführt. In der
Regel wurde dem Antrag auf Untersuchungshaft mit der Begründung stattgegeben, dass es sich
beim Abhören um ein Verbrechen handele, somit bei der zu erwartenden hohen Strafe Flucht-
gefahr bestehe sowie mit Verdunkelung zu rechnen sei. Gegen die Verhängung von Untersuchungshaft
konnte - anders als bei Polizeihaft durch die Gestapo - Haftbeschwerde eingelegt
werden, es sein denn, die Untersuchungshaft war durch das Sondergericht verhängt worden.
So beschied etwa das Sondergericht Freiburg einem beschwerdeführenden Untersuchungshäftling
gegenüber:

Auf Ihre Haftbeschwerde, die am 26.11.1941 hier eingekommen ist, teile ich Ihnen mit,
daß gegen Haftbefehle des Sondergerichts ein Rechtsmittel nicht zulässig ist. Der Haftbefehl
ist daher nicht anfechtbar.65

Bei Beschuldigten, die nach dem Willen der Gestapo auf keinen Fall freigelassen werden
sollten, trugen die polizeilichen Ermittlungsakten den Vermerk, bei Nichterlass eines Haftbefehls
werde „Rücksistierung" oder „Rückführung" erbeten. Die von der Polizeihaft in Untersuchungshaft
überführten Häftlinge konnten sich erst einmal vor Misshandlungen durch die
Gestapo sicher fühlen, auch bestand nun die Möglichkeit, sofern sie sich dies leisten konnten,
sich eines Rechtsbeistands zu bedienen. Anderseits drohte nun unabwendbar ein Verfahren vor
dem Sondergericht.

Und das sondergerichtliche Verfahren ließ nicht lange auf sich warten. Zunächst prüfte die
Staatsanwaltschaft die formale Sondergerichtszuständigkeit und fertigte dann die Anklage-

60 Hierzu Christiane Oehler: Die Rechtsprechung des Sondergerichts Mannheim 1933-1945. Berlin 1997.

61 Vgl. das Schreiben des OLGPräs. an den Generalstaatsanwalt (GStA) in Karlsruhe vom 20.11.1940; Generallandesarchiv
Karlsruhe (GLA), 309/Zg. 1987/54 Nr. 313.

62 Schreiben OLGPräs. an GStA vom 16.4.1941, ebd.

63 Schreiben OLGPräs. an GStA vom 11.10.1941, ebd.

64 Schreiben OLGPräs. an GStA vom 20.5.1942, ebd.

65 Vgl. das Verfahren StAF, A47/1-539.

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