Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
123.2004
Seite: 170
(PDF, 49 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2004/0170
NSDAP wurde auch Brühler Parteimitglied ... Fest steht aber, daß die im Jahre 1933 abgegebene Loyalitätserklärung
dieses Mannes nichts anderes war als eine große und hinterlistige Lüge ... Wir wissen nur,
daß er in keiner Weise im Rahmen der Partei Arbeit getan hat, sondern völlig zurückgezogen in den ihm
von früher bekannten Kreisen verkehrt, u .a. mit dem Hauptmann a. D. Alfred Maurer, dessen Ehefrau
Sara, geb. Katzenellenbogen, eine Volljüdin ist... Seit dem Jahr 1937 beobachtete ich persönlich das ablehnende
, arrogante und hochtrabende Wesen des B. Dies hat mich bereits im Jahr 1937/38 veranlaßt,
bei der Badischen Unterrichtsverwaltung gegen diesen Mann Stellung zu nehmen. B. hat stets eine ablehnende
Haltung gegen die Partei und ihre Führer eingenommen ... Irgend eine Arbeit lehnte B. in der
Partei grundsätzlich ab. Seine Gesamthaltung hat sich seit dem Jahre 1933 in keiner Weise geändert. Ich
halte B. für einen der gefährlichsten, da einflußreichsten Staatsfeinde in Freiburg. Ich bin daher überzeugt
, daß die ihm zur Last gelegten Äusserungen, die die Frau Hollender-Bergemann unter Eid ausgesagt
hat, tatsächlich von ihm gemacht worden sind... Da B. wegen seiner gräflichen Aufgeblasenheit und
geradezu krankhaften Einbildung auf die Abstammung seiner Frau nur in diesen reaktionären Kreisen
verkehrt, gelingt es nicht, weitere Zeugen gegen diesen Mann aufmarschieren zu lassen ... Wir alle sind
jedoch davon überzeugt, daß dieser Mann das Haupt jener reaktionären Mießmacher [sie] und Verräter
ist, die sich in Freiburg herumtreiben.

Unterzeichnet: Der Leiter des Kreises Freiburg, Bereichsleiter der NSDAP, gez. Dr. Fritsch

Brühler versuchte nach seiner Entlassung, eine Aussprache mit Staatsminister Prof. Dr. Schmitthenner
herbeizuführen. Er ließ ihm jedoch mitteilen, dass er dies für zwecklos halte, da die Partei zu ihm und
seiner Arbeit nicht das geringste Vertrauen habe. Er sei daher als Erzieher vollkommen unmöglich geworden
. Das Badische Unterrichtsministerium war jedoch bereit, einem eventuellen Antrag auf Pensionierung
aus Gesundheitsgründen stattzugeben. Heil Hitler!

1946 versuchte Brühler, als Naziopfer anerkannt zu werden. Sein Gesuch wurde jedoch mit der Begründung
abgelehnt, dass er Parteimitglied gewesen sei. Damit war ihm auch die erwünschte Lehrtätigkeit
untersagt. Brühler stellte 1958 erneut einen Wiedergutmachungsantrag, der mit derselben Begründung
abgelehnt wurde. Als ehemaliges Mitglied der NSDAP habe er keinen Anspruch auf Entschädigung
.13 Brühler wurde 1950 zum Oberstudiendirektor und Leiter der Pädagogischen Akademie in
Freiburg ernannt. Er war seit 1953 Bundestagsabgeordneter und Fraktionsvorsitzender der Deutschen
Partei (DP) im ersten Bundestag. 1958 verließ er die DP und trat zur CDU über. Wie Staatspräsident
Wohleb plädierte er für eine Wiederherstellung des alten Landes Baden.

Sein ehemaliger Widersacher Wilhelm Fritsch unterrichtete nach dem Krieg als Oberstudienrat in
Baiersbronn.

Von dem Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums - eine euphemistische Bezeichnung
für die Entlassung jüdischer oder jüdisch versippter sowie politisch missliebiger Beamten
- war, wie wir gesehen haben, bereits 1934 ein Assessor betroffen; 1937 mussten zwei
Professoren die Schule verlassen. Die Lehrerschaft erhielt Zuwachs durch ehemalige Direktoren
, die aus politischen Gründen ihr Amt verloren hatten: Der Priester und Altphilologe Dr.
Josef Lengle (1871-1954) unterrichtete bereits von 1905 bis 1919 am FG, bevor er eine Direktorenstelle
in Tauberbischofsheim erhielt. Im Inflationsjahr 1923 wurde er mit der Leitung des
BG betraut, 1934 zwangspensioniert. Danach erteilte er am FG noch Religionsstunden. An
seine Stelle im BG rückte Hubert König, der zuvor Professor am FG gewesen war.14 Seiner
leitenden Stelle wurde Dr. Anton Braun an der nun Erich-Ludendorff genannten Schule, heute
Kepler-Gymnasium, enthoben. Ähnlich erging es den Direktoren der Gymnasien von Waldkirch
und Eberbach am Neckar, Feige und Friedrich. Dr. Max Breithaupt wurde aus politischen
Gründen zum Oberstudienrat zurückgestuft. In einer völlig anderen Situation befand sich das
alte Parteimitglied Karlhans Grüninger, ebenfalls Lehrer am FG: Er hatte zwar den Titel
„Direktor" erhalten, aber noch keine entsprechende Stelle. Dieser höhere SA-Führer übernahm

12 Zu Fritsch siehe unten.

13 Staatsarchiv Freiburg (StAF), F 196/1, 11.754 und F 196/2, 2.392. Seine Personalakten waren nicht auffindbar.
Weitere Angaben zu seinem Lebenslauf in Helge Dvorak: Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft
. Bd. I, Teilbd. 1: A-E. Hg. von Christian Hünemörder. Heidelberg 1996, S. 145.

14 Breithaupt (wie Anm. 3), S. 61 f.; Wolfgang Günter: Das BertholdGymnasium [sie] zwischen 1807 und
1958, S. 39-63. In: Berthold-Gymnasium. 750 Jahre Lateinschule in Freiburg. Festschrift. Freiburg 2000, S. 39-
63, hier S. 58 ff., dort Beurteilung Königs; Woll (wie Anm. 1), S. 62. Auch im Folgenden.

170


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2004/0170