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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
123.2004
Seite: 172
(PDF, 49 MB)
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der ein Jahresbericht des FG für das Schuljahr 1938/39. Daraus geht hervor, dass sich unter
den 322 Schülern gerade noch 27 Mädchen befanden, 8 Prozent. Das Regime war an einer anspruchsvollen
Ausbildung von Mädchen nicht interessiert. Frauen sollten, wie die Propaganda
verkündete, dem Führer ein Kind schenken und dem Mann, der sich im harten Kampf zu bewähren
hatte, ein gemütliches Heim bereiten. Schon bald allerdings sollten Frauen in der Rüstungsindustrie
,ihren Mann stehen'. Dem Jahresbericht 1938/39 ist weiter zu entnehmen, dass
in der Schule Heimatabende und Flaggenparaden in der üblichen schlichten Weise begangen
wurden.

In der Schule war es unruhig geworden, da die Lehrerschaft einem ständigen Wechsel unterlag
. Unter anderen wurde Dr. Paul Malthan aus Offenburg hierher versetzt, Assessor Dr.
Hans Knieß trat an die Stelle von Assessor Model, und Dr. Hellmuth Kiefer wurde durch Er-
lass des Führers und Reichskanzlers zum Professor ernannt. Als Vorbereitung auf den geplanten
Eroberungskrieg wurden militärische Übungen angesetzt, die auch Direktor Brühler abzuleisten
hatte. Hans Knieß nahm an NS-Kampfspielen in Nürnberg teil, Paul Malthan begab sich
zu einem deutschkundlichen Lager nach Kettwig.17

Ein Jahr später war aus den Spielen Ernst geworden, der neue Jahresbericht schockierte mit
der Mitteilung:

Für Führer, Volk und Vaterland starben den Heldentod in Polen
SS-Obersturmführer Wolfgang Schmidt-Hehr am 22.9.1939 (Abiturient von 1929)
Leutnant und Kompanieführer Wolf gang Pflüger am 24.9.1939 (Abiturient von 1936).

Im September 1939 bekam das FG den eben ausgebrochenen Krieg zu spüren. Freiburg liegt
nur 25 km vom Rhein entfernt, konnte also Kampfgebiet werden. Eigentlich sollte das zweite
Schuljahrsdrittel am 5. September beginnen, aber die Freiburger Schulen durften erst wieder
am 23. Oktober öffnen. Zahlreiche Schüler und ihre Eltern zogen gleich im September fort;
die Schülerzahl sank entsprechend. Sechzehn Schüler traten vor Ablegen ihrer Reifeprüfung
in den Heeresdienst ein und erhielten trotzdem das Abitur, das sog. Notabitur. 1940/41 legten
noch 24 die Reifeprüfung ab, weitere 35 zogen den Heeresdienst vor. Immer weniger Mädchen
besuchten das FG bis zum Abitur: Unter den 59 Oberprimanern befanden sich nur noch vier
junge Frauen.

Der Unterricht litt schon zu Beginn des Krieges, denn es konnten nur 24 Wochenstunden
erteilt werden. Schon bald danach, am 17. Januar 1940, hatte der Kohlemangel infolge von
Transportschwierigkeiten die Schließung sämtlicher Schulen zur Folge, mit Ausnahme der 8.
Klassen, die an der Erich-Ludendorff-Schule (Kepler-Gymnasium, bis 1938 Neuburg-Oberrealschule
) und an der Hindenburgschule (Goethe-Gymnasium) unterrichtet wurden. Einige
Wochen später kam das Aus für das FG: Am 5. März 1940 wurde das Gebäude von der Wehrmacht
beschlagnahmt. Die Schüler mussten ins Gebäude der Ludendorff-Oberrealschule umsiedeln
. Sechzehn Schüler der 8. Klassen wurden vorzeitig zum Heeresdienst entlassen, mit
dem Vermerk der Reife. Die übrigen 42 Schüler, darunter 2 Mädchen, wurden ordnungsgemäß
geprüft. Da Oberstudiendirektor Dr. Brühler als Hauptmann im Dienst der Wehrmacht stand,
übernahmen Prof. Dr. Emil Imm und danach Prof. Friedrich Laube aus Breisach die Vertretung
. Zwölf Lehrer waren inzwischen einberufen worden, nur wenige statt ihrer zugewiesen
worden. Der Jahresbericht 1939/40 endet mit den Worten: Direktion, Lehrer und Schüler
schliessen das Schuljahr mit dem heissen Wunsch, dass das kommende Schuljahr unserm Führer
und dem deutschen Vaterland den vollen Sieg und einen dauerhaften Frieden bescheren
möge!

Statt dessen begann am 10. Mai 1940 der Frankreich-Feldzug, und immer mehr ehemalige
Schüler starben den Heldentod: im Schuljahr 1940/41 waren es elf junge Männer.18 Wegen der

" Stadtarchiv Freiburg (StadtAF), C4/XI/12/19.

18 Ebd., erster Jahresbericht 1939/40, zweiter Jahresbericht 1940/41.

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