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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
123.2004
Seite: 194
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nistischen Parteien der westlichen Staaten und dem stalinistischen Staatssozialismus des „Ostblocks
". Prägenden Einfluss auf die „Neue Linke" hatten die prominenten Vertreter der
„Frankfurter Schule", Theodor W. Adorno und Max Horkheimer. Nach ihrer Rückkehr aus
dem Exil kam mit ihnen auch die Marxsche Theorie zurück an die Frankfurter Hochschule. In
ihren Seminaren wurden viele spätere Aktivisten des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes
(SDS) herangebildet.4 Der SDS, ursprünglich die Studentenorganisation der SPD,
wurde 1961 wegen Unvereinbarkeit der Positionen aus der Partei ausgeschlossen.5 Später war
er die wichtigste Studentenorganisation der außerparlamentarischen Protestbewegung.

Die APO bezog sich stark auf Befreiungsbewegungen in den Ländern der so genannten Dritten
Welt. In der Regel sozialistisch orientiert, richteten diese sich gegen die postkolonialen,
häufig diktatorischen und von den westlichen Staaten gestützten Regime in ihren Ländern. Das
waren die revolutionären Bewegungen auf der ganzen Welt, wie in Kuba, den Ländern Lateinamerikas
und eben auch in Vietnam. Bereits 1966 veranstaltete der SDS in Frankfurt a. M.
einen Kongress zur Analyse des Krieges der USA in Vietnam.6 An der Abschlusserklärung lässt
sich die Argumentationskette der APO, hier repräsentiert durch den SDS, gut ablesen: Der
Vietnamkonflikt ist keine zufällige Einzelerscheinung, sondern ein Modellfall für ähnliche -
bereits sich entfaltende - Konflikte in anderen halbkolonialen Agrarländern Asiens, Afrikas
und Lateinamerikas.1 Zur Fortsetzung der imperialistischen Ausbeutung machten die USA den
Versuch, die anwachsenden Emanzipationsbewegungen in der ,Dritten Welt' gewaltsam niederzuhalten
* Der Deutschen Regierung wurde ihre indirekte Beteiligung daran vorgeworfen.
Denn selbst wenn es in diesem Fall noch nicht zu einem direkten militärischen Engagement
Westdeutschlands kommt, können doch an die Stelle der nach Vietnam verlegten US-Truppen
neue aufgestellte deutsche Bataillone treten ... Eine derartige Entwicklung ... würde die Verschärfung
der mit den Notstandsgesetzen ohnehin schon offen geplanten Entdemokratisierung
und Militarisierung der Bundesrepublik, die Verschärfung des Angriffes auf den sozialen Besitzstand
der Arbeiter, Angestellten und Beamten bedeuten.9 In diesem Sinne wurde auch die
militärische und geheimdienstliche Unterstützung der iranischen Diktatur durch die USA kritisiert
. Als das Staatsoberhaupt des Iran, der Schah Mohammad Resa Pahlawi, am 2. Juni 1967
in Berlin zum Staatsbesuch eintraf, wurde gegen den Schulterschluss der deutschen Regierung
mit dem Diktator demonstriert. Dieser Tag wurde zum tiefen Einschnitt für die Opposition in
Westdeutschland. Unter massiven Sicherheitsvorkehrungen besuchte der Schah am Abend die
Berliner Oper, während draußen demonstriert wurde. Gemeinsam mit Schah-Anhängern, den
„Jubelpersern", machte die Berliner Polizei vor dem Operngebäude Jagd auf Demonstranten.
Im Verlauf der Auseinandersetzungen wurde der Student Benno Ohnesorg von der Polizei erschossen
. Dieser Vorfall rückte die geplanten Notstandsgesetze in ein neues Licht.10 Um sich
im Austausch mit dem Diktator nicht stören zu lassen, war man bereit, über Leichen zu gehen.
Es waren nicht mehr nur die Aktivisten, die dieses Bild eines zutiefst autoritären Staates zeichneten
. Der Staat hatte sich, so musste es erscheinen, selbst demaskiert und vorgeführt, wozu
er fähig war. Die Ereignisse in Berlin ... haben die Ohnmacht der Studenten gezeigt, wenn diesen
die organisierte Gewalt des Systems gegenübertritt, schrieb der SDS-Bundesvorstand am
7. Juni 1967 zu den Berliner Vorgängen in ein Flugblatt." Als Konsequenz aus den Erfahrun-

4 Johannes Agnoli: 1968 und die Folgen. Freiburg 1998, S. 253.

5 Vgl. Willy Albrecht: Der Sozialistische Deutsche Studentenbund (SDS). Vom parteikonformen Studentenverband
zum Repräsentanten der Neuen Linken (Politik- und Gesellschaftsgeschichte/Forschungsinstitut der Fried-
rich-Ebert-Stiftung 35). Bonn 1994, S. 421.

6 Ebd., S. 455.

7 Archiv Soziale Bewegungen Freiburg (ASBF), 5.2.1.2.1.

8 Ebd.

9 Ebd.

10 Vgl. Ingrid Gilcher-Holtey: Die 68er Bewegung. Deutschland - Westeuropa - USA. München 2001, S. 66 f.

11 ASBF, 5.2.1.2.1

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