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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
123.2004
Seite: 195
(PDF, 49 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2004/0195
gen vom 2. Juni forderte der SDS die Studenten zur Solidarität mit allen auf, die gegen die ...
Unterdrückungs- und Ausbeutungsformen des Kapitalismus protestieren und kämpfend Der
Anstoß zur Ausweitung der Protestbewegung war damit gegeben.

Auch im entfernten Freiburg löste der Mord in Berlin Entsetzen aus. Wenn die Manipulation
der Springer-Presse nicht mehr ausreicht, um der Regierungspolitik nicht genehme Meinungen
zu unterdrücken, wird brutale Gewalt eingesetzt und auch vor Mord nicht zurückgeschreckt
... Der zweite deutsche Versuch zur Demokratie darf nicht zur Farce werden!12 So
schrieb der keineswegs radikale, sondern linksliberal orientierte Freiburger AStA (Allgemeiner
Studierendenausschuss) in einem Flugblatt und rief zur Demonstration am 6. Juni auf. Es
kamen 1000 Demonstranten. Vor dem 2. Juni waren es nur zwanzig Aktivisten, die sich an
einer Protestaktion gegen den Schahbesuch beteiligten. Bis die steigende Spannung unter Frei-
burgs Schülern und Studenten und deren zunehmende politische Formierung Ausdruck in
einer Bewegung fanden, verging jedoch noch über ein halbes Jahr.

Die Aktionsgemeinschaft gegen Fahrpreiserhöhungen

Unter dem Namen Aktionsgemeinschaft gegen Fahrpreiserhöhung bildeten mehrere politische
Schüler- und Studentengruppen ein informelles Bündnis. Als Flugblattunterzeichner erscheint
bei den Fahrpreisdemonstrationen mehrfach das Aktionszentrum unabhängiger und sozialistischer
Schüler (AUSS). Bereits seit Juni 1967 machten Schüler in diesem bundesweiten Zu-
sammenschluss mit radikalen Forderungen Politik. Mit den programmatischen Beschlüssen
wurde der späteren Schülerbewegung die inhaltliche Richtung gegeben. Das AUSS kämpfte -
in dieser Reihenfolge - für eine Stärkung der Schüler-Mitverwaltung, für Sexualerziehung in
der Schule, gegen die Notstandsgesetze, für das Recht auf Kriegsdienstverweigerung und gegen
den Krieg in Vietnam.14 Eine ähnliche politische Ausrichtung gab sich die Freiburger Sozialistische
Schülergewerkschaft (SSG). Sie wurde im November 1967 gegründet, um die
Schule radikal zu demokratisieren und Schüler über wirksame Mitspracherechte wesentlich an
der Gestaltung des Schulalltags zu beteiligen. Das aus drei Punkten bestehende Programm war
kurz, aber eindeutig: 1. Das Recht der Schüler, bei allen sie betreffenden Entscheidungen
gleichberechtigt mit den Kursleitern zu entscheiden ... 2. Die Auflösung aller bestehenden
pädagogischen Institutionen ...3. Die Konstitution der Schule als einer freien Studienorganisation
.15 Die ersten Schritte zur Umsetzung des Konzepts sollten die Einführung neuer
Fächer wie Sexualkunde, Philosophie und Soziologie sein, genauso wie die Ersetzung des
Direktors durch einen Verwaltungsangestellten. Die eigentliche Schulleitung sollte durch ein
Gremium aus Schülern und Lehrern ersetzt werden.16 Es hat ohnehin etwas den Anschein, als
ob der Lehrer an der dem SSG vorschwebenden Schule zum Vollzugsorgan des Schülerwillens
wird, kommentierte ein Zeitungsredakteur etwas spöttisch im Bericht über die neue Gruppierung
.17 Gleichwohl traf er damit ins Schwarze, ohne jedoch zu bemerken, dass die Schüler ihre
Forderungen ernst meinten und sie durchaus die revolutionäre Bereitschaft besaßen, für ihre
Ziele zu kämpfen. In einem Leserbrief schrieb eine 17-jährige Schülerin später zu den Fahrpreisdemonstrationen
: Wer protestiert schon? Die Erwachsenen!718 Und sie beklagte, dass
Jugendliche nicht ernst genommen werden, und die Erwachsenen nichts tun. Wir sind nicht
machtlos^9 wurde deshalb die zentrale Parole der Aktionsgemeinschaft Freiburger Schüler. Sie

'2 Ebd.

i3 AS BF, 5.3.3.II; Müller (wie Anm. 1), Dok.-Nr. 3060.
'4 ASBF, 3.1.6.1; Müller (wie Anm. 1), Dok.-Nr. 3116.
'5 ASBF, 5.3.4.1; Müller (wie Anm. 1), Dok.-Nr. 4400.

16 Ebd.

17 ASBF, 5.3.4.1; Müller (wie Anm. 1), Dok.-Nr. 4406.

'8 Stadtarchiv Freiburg (StadtAF), C5/5373; Müller (wie Anm. 1), Dok.-Nr. 11248.
'9 ASBF, 5.3.4.1.1; Müller (wie Anm. 1), Dok.-Nr. 4390.

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