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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
123.2004
Seite: 198
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beteiligt.30 Die zu diesem Zeitpunkt bereits festgelegte Linie wurde bis zur tatsächlichen Einführung
der neuen Tarife am ersten März nicht wieder verlassen. Gleichzeitig zeigte sich die
Stadt gesprächsbereit und empfing Schülerdelegationen. Jedoch lediglich der Deutsche Gewerkschaftsbund
(DGB), der sich ursprünglich den Protesten anschließen wollte, zog daraufhin
seine Demonstrationspläne zurück.

Mobilisierung gegen die Fahrpreiserhöhung

In einem Flugblatt wandte sich der Studentenrat am Mittwoch, den 31. Januar, an Dozenten
und Studenten. Die Tariferhöhungen der Verkehrsbetriebe um bis zu 50 % seien sozial nicht
gerechtfertigt... Der StR nimmt zur Kenntnis, daß allein Demonstrationen und sit-ins in Bremen
eine Reduktion der Fahrpreiserhöhung bewirken konnten. Der StR erklärt deshalb sein
Verständnis für den Fall, daß auch die Freiburger Bevölkerung zu derartigen Protestformen
greift.31 Darüber hinaus formulierte der StR weitergehende Forderungen: Öffentliche Verkehrsbetriebe
müssen nicht rentabel sein. Die Öffentlichkeit zahlt ja gerade dafür Steuern, um
solche gemeinnützigen Einrichtungen zu finanzieren. Deshalb müßte in einer sozialen Demokratie
die Benutzung von Straßenbahnen und Bussen gebührenfrei sein.32 Bereits in dieser Stellungnahme
zeichnete sich ab, dass die inhaltlichen Auseinandersetzungen nicht nur die Details
der Fahrpreisgestaltung sondern grundlegende Fragen der Gesellschaft betreffen würden.

An den Schulen und der Universität hatte die Aktionsgemeinschaft gegen Fahrpreiserhöhung
schon Tage zuvor mit Flugblättern und Plakaten zu Demonstrationen aufgerufen. Auch
sie sah sich durch die Erfolge in Bremen bestärkt. In den Flugblättern wurden die Fahrpreiserhöhungen
in Verbindung mit anderen öffentlichen Ausgaben gebracht, insbesondere mit den
Kosten für den Unterhalt des Schlossbergbunkers. Außerdem wurde versucht, die unmittelbare
Beziehung der angesprochenen Arbeitnehmer, Schüler und Studenten zur Preiserhöhung herauszustellen
: Die öffentlichen Verkehrsmittel sind Ihre Verkehrsmittel! ... Wehren Sie sich in
Ihrem Interesse!33 Das „Wir" der Bewegung waren die Schüler und Studenten. Die Anderen,
„Sie", waren zunächst diejenigen Bevölkerungsgruppen, von denen Solidarisierung mit den
Protesten erwartet wurde. Ausführliche Flugblätter sollten sie mit den besseren Argumenten
überzeugen: Wenn jetzt die Straßenbahnpreise erhöht werden sollen, dann sind die Betroffenen
vor allem: Arbeiter, Rentner, Hausfrauen, Schüler und Studenten. Wieder einmal zahlt die
breite Masse die Zeche: SIE, die Arbeiter und Angestellten, WIR, die Schüler und Studenten.34

Blockaden am Bertoldsbrunnen

Freiburg wurde am Donnerstag aus seiner beschaulichen Ruhe aufgeschreckt, kommentierte
später die Badische Zeitung.35 Etwa 2000 Schüler und Studenten kamen an diesem Tag, dem
1. Februar 1968, um 13 Uhr zur Demonstration an die damals stark befahrene Straßenkreuzung
am Bertoldsbrunnen. Gleich wird's grün riefen sie im Chor am Straßenrand, gingen los,
als die Ampel umsprang und blieben bei rot auf der Straße stehen. So war die Kreuzung
blockiert. Der SDS-Aktivist Michael Moos rief mit dem Megaphon dazu auf, auf der Straße
zu bleiben. Den Nachmittag über zogen die Demonstranten dann in der Innenstadt auf der Kaiser
-Joseph-Straße zwischen Bertoldsbrunnen und Siegesdenkmal hin und her. Der gesamte
Freiburger Durchgangsverkehr wurde damit lahmgelegt. Die Studentenschaft war dabei kei-

30 Ebd.

31 ASBF, 5.1.LH; Müller (wie Anm. 1), Dok.-Nr. 3137.

32 Ebd.

33 ASBF, 5.3.4.1; Müller (wie Anm. 1), Dok.-Nr. 1681.

34 StadtAF, M 31/3a; Müller (wie Anm. 1), Dok.-Nr. 9204.

35 Badische Zeitung v. 2.2.1968; Müller (wie Anm. 1), Dok.-Nr. 11213.

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