Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
123.2004
Seite: 205
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Setzungen noch eskalierten.59 Nachdem tagsüber die Straßenkämpfe geführt worden waren,
fanden sich am Abend 1500 der Konfliktgegner, darunter auch OB Keidel, zur Diskussion im
Haus der Jugend ein. Die Ergebnisse des Abends veranlassten die Aktionsgemeinschaft demokratischer
Schüler und Studenten in einem Flugblatt aufzurufen: Vorerst keine Demonstrationen
mehr.60 Die Ergebnisse des turbulenten Abends waren:

1. Der gemeinderat [sie!] wird am Donnerstag, den 15. Februar 1968, erneut die Erhöhung der Straßenbahntarife
beraten.

2. Zahlreiche Stadträte haben zugesagt, sich für eine Übertragung der Stadtratsdebatte auf dem Rathausplatz
einzusetzen.

3. Die anwesenden Schüler und Studenten verpflichten sich einhellig, bis Donnerstag auf Demonstrationen
zu verzichten.^

Bis zur Sondersitzung des Gemeinderats gab es daraufhin tatsächlich keine Demonstrationen
mehr. Die Auseinandersetzung wurde auf die publizistische Ebene verlagert. Im Zentrum
standen dabei vor allem die Fragen um Recht- und Verhältnismäßigkeit der Polizeieinsätze
gegen Schüler und Studenten. Der Oberbürgermeister ließ ein Plakat zum Ungeklärten Zwischenfall
verbreiten. Unter diesem Titel hatte die Badische Zeitung über die Verletzung eines
Studenten durch die Polizei berichtet.62 Der AStA hielt mit dem Freiburger Extrablatt63 dagegen
. Die Kontrahenten stellten ihre unterschiedlichen Perspektiven zu den Vorgängen während
der Demonstrationen und Polizeieinsätze dar und machten sich gegenseitig für die Gewalt verantwortlich
. Von OB Keidel wurde dabei auch die falsche Meldung über den Versuch, das Gefängnis
zu stürmen, kolportiert, wobei er gleichzeitig behauptete, einmal ein objektives Bild
von einigen Vorgänge der letzten Tage [zu] geben.64 Dem OB wurde dagegen vorgeworfen, er
würde quasi im direkten Auftrag Freiburger Geschäfte für die Interessen der wirtschaftlich
ohnehin Starken den Knüppel einsetzen.65

Die Stadt - hinter den Kulissen

Im Bürgermeisteramt ließ man sich durch die Polizei während der Demonstrationen über die
sogenannten Rädelsführer gut informieren. Listen von Studenten, die anläßlich der Demonstrationen
vom 1.2. bis 9.2.1968 besonders hervortraten, wurden vom Bürgermeisteramt an
die Universität weitergeleitet. Diese Unterlagen sollen dem Rektor der Albert-Ludwigs-Uni-
versität Freiburg i. Br., den Dekanen der theologischen Fakultät, rechts- und staatswissenschaftlichen
Fakultät, medizinischen Fakultät, philosophischen Fakultät sowie dem Akademischen
Disziplinarbeamten der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br. zwecks weiterer Veranlassung
zur Verfügung gestellt werden.66 Auch über die Schüler wurden Listen geführt, die
neben den persönlichen Daten zusätzlich Angaben zur Schule und Klasse der Jugendlichen
enthielten. Ins Rädelsführerverzeichnis gelangte, wer festgenommen wurde. Einzelne wurden
durchaus in Strafverfahren zur Verantwortung gezogen. Insgesamt aber wurde das Verhalten
der Schüler und Studenten zwar missbilligt, aber nicht als kriminell stigmatisiert. Dennoch
wurde versucht, ihnen die Arbeit zu erschweren. Dafür wurde u. a. ein informelles Bündnis
zwischen der Stadtverwaltung und der Freiburger Geschäftswelt genutzt. So wurde im Namen
des Oberbürgermeisters und des Regierungspräsidenten das Plakat zum Ungeklärten Zwi-

59 StadtAF, C5/5373; Müller (wie Anm. 1), Dok.-Nr. 11317.

60 ASBF, 5.3.4.1.1; Müller (wie Anm. 1), Dok.-Nr. 1679.

61 Ebd.

62 StadtAF, C5/5373; Müller (wie Anm. 1), Dok.-Nr. 11363.

63 ASBF, 5.3.4.1.1; Müller (wie Anm. 1), Dok.-Nr. 1684.

64 StadtAF, C5/5372; Müller (wie Anm. 1), Dok.-Nr. 9005.
« ASBF, 5.3.4.1.1; Müller (wie Anm. 1), Dok.-Nr. 1684.

66 StadtAF, C5/5372; Müller (wie Anm. 1), Dok.-Nr. 9047.

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