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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
123.2004
Seite: 217
(PDF, 49 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2004/0217
„Von der Urzeit bis zum Ende der Staufer" - bezogen auf Baden-Württemberg, das es noch gar nicht
gab?! Die Autoren haben aus der Not eine Tugend gemacht: Sie erläutern dem Leser Probleme, die sich
aus der Eingrenzung auf das Gebiet des heutigen Bundeslandes ergeben (S. 239 f. u. ö.); sie weiten das
Blickfeld und verdeutlichen Kontinuitäten; sie verweben das Geschehen mit Ereignissen und Abläufen in
benachbarten Ländern; sichtbar werden Bindungen zwischen Südwestdeutschland und Burgund sowie
Italien, darüber hinaus europäische Zusammenhänge.

Der Lesbarkeit kommt zugute, dass nur sieben Autoren die Aufgabe geschultert haben: Karl-Heinz
Schröder (Naturräumliche Grundlagen), Edward Sangmeister (Urgeschichte), Philipp Filtzinger (Römerzeit
), Hagen Keller (Germanische Landnahme), Alfons Zettler (Karolingerzeit), Thomas Zotz (Ottonen-,
Salier- und Frühe Stauferzeit) und Hansmartin Schwarzmaier (Ausgang der Stauferzeit). Die Gliederung
folgt zum Teil einem traditionellen Periodisierungsschema (etwa 911 als Scheidejahr zwischen Karolinger
- und Ottonenzeit); unkonventionell sind die ,Eckjahre' 1167-1269 im Schlusskapitel.

Eine imponierende Fülle von Quellen wird erschlossen und nachgewiesen: Bodenfunde, Schriftzeugnisse
(und hier besonders die Memorialüberlieferung) sowie Werke der bildenden Künste. Ausführlich
gehen die Autoren auf den Gang der Forschung ein. In den Abschnitten zu Römerzeit, Spätantike und
Mittelalter wechseln eher ereignisgeschichtlich ausgerichtete Teile mit mehr strukturgeschichtlich angelegten
; in diesen werden , Elemente langer Dauer' erörtert: Bevölkerung, Bildungswesen, Kirche (Bistümer
, Klöster, Mission), Recht, Siedlung und Wirtschaft.

Häufiger als in den Bänden des Handbuchs, die der Neuzeit gewidmet sind, begegnen Fragezeichen
(etwa S. 79), vorsichtige Formulierungen und Hinweise auf bislang kaum erforschte Bereiche (S. 366,
369, 378 f. u. ö.). Wiederholt wird in Zweifel gezogen, was zum gesicherten Bestand zu gehören schien.
Das gilt für die ,Stau-Theorie', gemäß der seit etwa 200 n. Chr. Volksmassen sich vor dem Limes aufgestaut
und nach mehreren Anläufen „um 260 die Agri decumates als bäuerliches Siedlungsland in Besitz
genommen" haben (S. 194); das gilt ferner für den Zusammenstoß zwischen Alemannen und Franken
zur Zeit Chlodwigs (S. 228-235), die „Stammesgrenze" zwischen Alemannen und Franken (S. 240)
sowie den „Tag von Cannstatt" 746 (S. 315-317). Da der betrachtete Raum einen Teil von Großreichen
bildete, deren Zentrum im allgemeinen fern vom heutigen Baden-Württemberg lag, musste das Mit- und
Gegeneinander von Kräften des jeweiligen Reiches und Südwestdeutschlands immer mit berücksichtigt
werden.

Erwähnt seien Unausgewogenheiten: Angesichts der Breite, mit der dynastische und politische Entwicklungen
erörtert werden, hätte man sich die „Naturräumlichen Grundlagen" ausführlicher gewünscht.
Als bekannt werden vorausgesetzt und nicht weiter erörtert Normanneneinfälle und Ungarnnot (9. bzw.
10. Jh.) sowie die Bedeutung des Kommendatarabts (S. 354 bzw. 506). Die Gliederung führt zu Schnitten
, so dass langfristige Entwicklungen nicht zusammenhängend dargestellt werden; bedauerlich ist das
nicht zuletzt in den Bereichen des Städtewesens (S. 497-505 und 569-576) und religiöser Bewegungen
(S. 511-517 und 598-603). Ausgesprochen gelungen erscheint dem Rezensenten das Schlusskapitel „Kirche
und Kunst" (S. 580-619), und darin der Abschnitt „Spiritualität der Laien, Beginen und Ketzertum".

Dank der Aufteilung des Stoffes auf zwei Halbbände können die Autoren erwähnen, was man in einem
Handbuch weniger erwartet. Dazu gehören die „ihre Männer listig rettenden Weiber von Weinsberg" (S.
445) sowie Vorhaben, die vielleicht schon verwirklicht sind: Die Ausweisung einer „Deutschen Limesstraße
" (1994 angeregt) und die Planung eines Radwegs, der an ehemaligen Kastellen und Limestürmen
entlangführen soll (S. 159).

Dass auch dieses Buch seine Schicksale hat, deuten Vorwort und gelegentliche Bemerkungen im Text
an; ein Teil wurde 1988/89 verfasst und musste seitdem mehrfach revidiert bzw. neu erarbeitet werden
(S. 227, Anm. 161).

Mit dem sorgfältig redigierten Band ist nicht nur Fachhistorikern ein großer Dienst erwiesen; die entsagungsvolle
Arbeit von Autoren und Herausgebern kommt Interessenten in Baden-Württemberg und in
den angrenzenden Ländern zugute. Norbert Ohler

Michael P. Hensle: Rundfunkverbrechen. Das Hören von „Feindsendern" im Nationalsozialismus (Dokumente
- Texte - Materialien, veröffentlicht vom Zentrum für Antisemitismusforschung der Technischen
Universität Berlin, Band 49). Metropol-Verlag, Berlin 2003. 383 S.

Ich halte den Rundfunk für das allermodernste und für das allerwichtigste Massenbeeinflussungsinstrument
, das es überhaupt gibt. Als Joseph Goebbels, seit kurzem Minister für Volksaufklärung und Propa-

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