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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
124.2005
Seite: 63
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2005/0063
Ratsverfassung zu finden, die - von leichten Änderungen abgesehen - bis 1551 in Kraft blieb.101
Ein wichtiges Element in dieser Verfassung verkörperten die Zünfte. Jeder Zünftige schwor
jährlich dem Bürgermeister, dem Rat und seinem Zunftmeister den Gehorsam. Der Zunftmeister
wurde jedes Jahr ungefähr 14 Tage vor Johannes Baptist (24. Juni) durch die Zunftmitglieder
gewählt. Der Rat wandte sich an die Zunftmeister, um Beschlüsse innerhalb der jeweiligen
Zünfte durchzusetzen.102 Dies war relativ einfach, da sich der Rat, durch den die Stadt verwaltet
wurde, aus den zwölf Zunftmeistern, davon einem Obersten Zunftmeister,103 je sechs
Edlen und Kaufleuten sowie sechs Zusätzen zusammensetzte.104 Angeführt wurde der städtische
Rat vom Bürgermeister, dem Schultheiß und dem Obristzunftmeister, den so genannten
drei Häuptern der Stadt.105 Diese drei Ämter waren die bedeutendsten innerhalb der städtischen
Hierarchie, die Amtsinhaber bestimmten zum Großteil Wohl und Wehe der Stadt.

Trotz der Wahlen weist der Rat eine hochgradige personelle Geschlossenheit auf. Die von
den Adligen nicht besetzten Ratssitze durften - durch das von Herzog Friedrich IV. 1435 erlassene
Privileg - von gemeinen Bürgerlichen bzw. Zünftigen eingenommen werden. Damit
dominierten die Zünfte den Rat.106 Alles in allem lässt sich in der Entwicklung der Verfassungsstruktur
eine Kompetenzverlagerung im Rat weg von den Edlen hin zu den Zünften ausmachen
.107 Zwischen 1475 und 1500 bildete sich eine Gruppe von maximal 50 Personen heraus
, die das Schicksal Freiburgs stark prägten. In dieser Situation wird eine Tendenz zu „oligar-
chischen Strukturen" deutlich, die wahrscheinlich zu den Unruhen zwischen 1490 und 1492
und dem daraus resultierenden so genannten Walzenmüller-Aufstand 1492 beitrugen.108 Diese
Auseinandersetzung, die nach der Ermordung des Oppositionellen Conrad Walzenmüller zwischen
dem Rat und einer Anzahl unzufriedener Bürger ausbrach, war einer der heftigsten Konflikte
, der die Stadt in dieser Zeit spaltete. 1491 gelang es einer neuen Gruppe von Meistern, in
den Rat gewählt zu werden. Damit wurden viele der altgedienten Ratsmitglieder entmachtet und
die „oligarchischen Strukturen" der Ratsherrschaft gesprengt. Allerdings waren die „Alten
Mächte" im nächsten Jahr in der Lage, die Oppositionellen aus dem Rat zu drängen. Die Wiederwahl
der alten Riege ist auf der Straße und bei den Zusammenkünften in den Zunftstuben
mit Schimpfreden und anderen Unmutsbekundungen von Seiten der Gemeinde begleitet worden
. Pläne, die Ratswahl eventuell mit Gewalt rückgängig zu machen, scheiterten am ungeklärten
Tod des Oppositionsführers Conrad Walzenmüller. Dies und der Widerstand des Rates
Ermittlungen durchzuführen, sorgten für die grossen mercklichen vnritw, ... in dem die ersame,
herlichen, erfarnen Iüt, die eerlichen fromen rät... merklich beleidigt, etlich böswicht gescholten
, irs regiments gerecht vertigt worden, vnd vil schädlicher sachen ...fürgangen sind. So charakterisierte
im Nachhinein der Freiburger Rat den Aufstand.109 Das Scheitern dieser Bürger-

101 Vgl. Merkel (wie Anm. 95). S. 592. So die völlige Umstrukturierung des Rates zugunsten der Zünfte zwischen
1388 und 1392, danach der Versuch zur Wiederbelebung der Geschlechterherrschaft durch die radikalen Reformen
unter Herzog Albrecht VI. 1454. Die Maßnahmen von Albrecht VI. waren jedoch nicht von Dauer und wurden
1459 revidiert.

'02 Vgl. zu den Zünften ebd., S. 580-582.

103 Vgl. Anm. 4.

104 Ygi Buszello (wie Anm. 4), S. 290f. Merkel nennt folgende Verteilung der Ratssitze: die zwölf Zunftmeister,
die vom Obristmeister angeführt wurden, zehn Edle und zwei Kaufleute. Die Zusätze wurden ab 1460 nur noch
von den Zünften gestellt. Diese besetzten nach und nach auch die von den Edlen und Kaufleuten nicht eingenommenen
Ratssitze, so dass die Zahl von 30 Räten konstant blieb, vgl. Merkel (wie Anm. 95), S. 590.

105 Vgl. Boehmer (wie Anm. 90), S. 7.
'06 Vgl. Merkel (wie Anm. 95), S. 584.
107 Vgl. ebd.. S. 596.

I0X Ebd.. S. 591. Vgl. zu den Oligarchisierungstendenzen als spätmittelalterliches Phänomen auch: Eberhard Isenmann
: Die Deutsche Stadt im Spätmittelalter. 1250-1500. Stadtgestalt, Recht. Stadtregiment. Kirche, Gesellschaft
, Wirtschaft. Stuttgart 1988, S. 135.

109 Vgl. Tom Scott: Der Walzenmüller-Aufstand 1492. Bürgeropposition und städtische Finanzen im spätmittelalterlichen
Freiburg i.Br. In: Schau-ins-Land 106, 1987, S. 69-93; StadtAF. Bl Nr. 2, fol. 97. Der Aufstand fand

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