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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
124.2005
Seite: 69
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Männer oder Frauen131 waren, ob sie Fürbitter gewinnen konnten oder ob es sonstige Umstände
gab, die ein Urteil beeinflussten, wie Leumund152, Geisteszustand153, Jugend, Alter usw.
Fremde oder Einwohner, die nicht aus Freiburg gebürtig waren, wurden viel öfter schon wegen
relativ leichter Delikte ewig aus der Stadt verbannt. Freiburger mussten meist auf Zeit und
nur in schweren Fällen lebenslänglich die Stadt verlassen, ansonsten wurde ihnen eine Geldbuße
auferlegt. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt in dieser Hinsicht auch Peter Schuster für
das spätmittelalterliche Konstanz. Allerdings spielt dort die Verbannung von Einheimischen so
gut wie keine Rolle mehr und wurde durch Geldbuße und Strafarbeit abgelöst. Wenn jemand
aus Konstanz verbannt wurde, dann waren es überwiegend Fremde.154

Freiburgerinnen, die im Urfehdbuch erscheinen, wurden häufig wie Fremde behandelt. Bei
den verzeichneten Frauen handelte es sich um solche, die eher der armen Bevölkerungsschicht
zuzurechnen waren. Wahrscheinlich verfügten diese nicht über genügend Einfluss, um ein günstigeres
Urteil zu erlangen. Die Strafpraxis und die zum Teil harten Urteile stellen jedoch nur
eine Facette des obrigkeitlichen Umgangs mit Delinquenz dar. Eine andere Facette verkörpern
die Gnadenerweise, die der Rat vor allem Freiburgern gewährte.

Die Obrigkeit konnte, unabhängig von den Gesetzen, Milde und Barmherzigkeit walten lassen
; sie verkörperte damit eine höhere Form von Gerechtigkeit. Zugleich demonstrierte sie,
dass sie die ganze Strenge des Rechtes kannte und auch bereit war, diese anzuwenden.
Während sich der Freiburger Rat Fremden oder Armen gegenüber streng zeigte, war er gegenüber
Einheimischen immer wieder gewillt barmhertzikeit vnd gnad mitzeteilen.155 So
durfte Wilhelm Rudin, laut seiner am 11. Mai 1496 geschworenen und im Urfehdbuch verzeichneten
Urfehde, ohne Wissen und Willen des Rates die Stadt nicht verlassen, und musste
dazu zehen pfund pfening zu besserung bezalen.156 Im Frevelteil hingegen findet sich zu Rudin
wenige Wochen nach dem Urfehdeschwur, am 10. Juni 1496, folgender Eintrag: Deßhalb
er vmb zechen pfund pfennig gestrafft, darzu ewigklich in die stat Freiburg verbotten ist,
darnach hat man im die straff der x Ib [Pfund] gemiltert in drü Ib [Pfund] d [Pfennig].151

Dies zeigt, dass ein Prozess nach dem Urfehdeschwur und der Annahme des Urteils nicht
in jedem Fall abgeschlossen war. Vielmehr versuchten die Verurteilten, durch Gnadenbitten
und Fürbitten Dritter eine Abmilderung des Urteils zu erlangen. Wichtig war dem Magistrat
dabei, dass von der Partei des Delinquenten um Gnade gebeten wurde. Die Gnadenerweise
könnten als Versuch verstanden werden, die Straftäter und ihre Fürbitter an die städtische Obrigkeit
und deren Ordnungen zu binden. Wer um Gnade bat, erkannte das verhängte Urteil und
die das Urteil verhängende Obrigkeit an und bestätigte auch mittels seines abgelegten Eides
die herrschenden Machtverhältnisse.158

151 Bei Barbara Metzgerin wird wiplich blödikeit als mildernden Umstand angeführt, Urfehdbuch, fol. 58r + v, sowie
auch die Urfehdeurkunde, StadtAF, AI Xlf 1495 Aug. 4. Ob die Delinquentin von ihrer wiplich blödikeit
überzeugt war, oder ob sie geschickt verhandelte, muss offen bleiben. Jedoch kann konstatiert werden, dass ihre
Verhandlungsstrategie aufgegangen ist. Sie kam ohne weitere Strafen frei.

152 Trotz Schwüren gegen die Wächter, die ihn verhaften wollten, erhielt ein Zimmerknecht seines guten Leumunds
wegen keine Strafe, vgl. Urfehdbuch, fol. 23v.

'53 Vgl. StadtAF, AI Xle 1499 Mai 13.-17.

154 Vgl. Peter Schuster: Eine Stadt vor Gericht. Recht und Alltag im spätmittelalterlichen Konstanz. Paderborn
u.a. 2000, S. 378.

155 Hier etwa Urfehdbuch, fol. 53v-56r. Was, je nachdem wie einflussreich der Delinquent oder dessen Fürbitter
waren, dazu beitragen konnte, den innerstädtischen Konsens aufrecht zu erhalten.

156 sin leben lang hie zu Fryburg sin vnd pliben, on vrlob vß der stat nit zeziechen, Urfehdbuch, fol. 51v-52r.

157 Ebd., fol. 81v, Wilhelm Rudin.

158 Gleichzeitig darf man die Ergebnisse Blauerts nicht völlig außer Acht lassen. Der Freiburger Rat war zwar
bemüht seine Strafgewalt durchzusetzen, dies gelang ihm zunächst jedoch nur mit „Beihilfe" der Betroffenen
durch deren eidliche Selbstbindung, wie es das Urfehdwesen vorsah, vgl. Blauert (wie Anm. 14), S. 74, sowie
Aumüller (wie Anm. 1), Kapitel 3.3. Der Freiburger Rat am Ende des 15. Jahrhunderts war eben keine „absolute
" Obrigkeit, auch wenn es, wie in anderen Städten, vermehrte Tendenzen dahin gab. So etwa in der Nörd-
linger Ratsordnung von 1488 oder der Epistel des Nürnberger Ratskonsulenten Schuerl von 1516, der zufolge

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