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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
124.2005
Seite: 118
(PDF, 48 MB)
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Mädchen kein einziger Satz über Wohltätigkeit. Sie rühmten die tapferen Taten der Polen und
stuften im Gegensatz dazu ihr erbrachtes „Opfer" als gering ein:

Ihr Starken sprecht nun von unsern Opfern - o erhöht nicht das Gefühl der Scham, das lastend genug unsere
Brust drückt, daß wir nur unnützen Schmuck den Tapfern widmen, die für uns, für die europäische
Freiheit gekämpft haben, als wenn sie nie den Namen Tod gehört.

Der Aufenthalt der polnischen Krieger in Deutschland und deren Vorbild müsse deswegen für
die deutsche Einheit genutzt werden:

Die Aufregung ist allgemein, möchte sie nicht nutzlos vorüber gehen, nur Russlands Drohungen nicht
gefürchtet - und Teutschlands Einheit ist gegründet. Teutschlands Erhebung, o schöne Hoffnung, ...

Die Polen haben ohne Unterschied des Geschlechts, des Alters der staunenden Welt gezeigt, zu welcher
Geistesstärke der Mensch gelangen kann und was Opfer bringen heißt.

Die jungen Frauen fühlten sich durch die Ideale der Freiheit und Gleichheit, sowohl zwischen
Mann und Frau als auch zwischen Jung und Alt, die sie auf den polnischen Aufstand projizierten
, sehr angesprochen. Sie wollten an dem Ganzen ihren Anteil haben:

... wenn unser Volk den hohen Beruf erfüllen würde, die Sympathie für eure Nation durch Taten zu bewähren
... Dann wollen wir eure Begrüßung verdienen und zeigen, daß das große Beispiel der polnischen
Frauen für uns nicht verloren war.

Sie meinten hiermit nicht etwa Wohltätigkeitsvereine der Polinnen, sondern vielmehr die
tätige Anteilnahme an dem Unabhängigkeitskampf, durch den einige polnische und litauische
Frauen berühmt wurden. Die deutschen Mädchen wünschten ihren Männern nicht bei den leeren
Bewunderungen und ohnmächtigen Thränen, sondern in revolutionären Taten an der Seite
zu stehen. Diese blieben zunächst jedoch aus. Die Mädchen fanden daher eine andere, ihre
Gesinnung bezeugende Tätigkeit: die Unterstützung der polnischen Freiheitskämpfer. Der
Inhalt des Briefes und seine eindeutige politische Tendenz sind auffallend. Eine männliche
Mitwirkung bei der Redaktion ist denkbar, aber keine Voraussetzung. Auf jeden Fall haben
das Schreiben acht Frauen mit ihren Namen unterschrieben: der Ausschuß des Mädchen-Vereins
. Die Idee hatte eine blitzartige Wirkung und steckte Frauen im ganzen Südwesten
Deutschlands an.16

Der „Freiburger Frauen-Polenverein" forderte die hiesigen Frauen in der „Freiburger Zeitung
" am 23. März 1832 zum Beitritt auf, ebenfalls nach dem Beispiel ihrer gleichgesinnten
Mitschwestern zu Karlsruhe, Pforzheim und Lahr, und das, obgleich der Verein sich jetzt schon
einer bedeutenden Anzahl von Theilnehmerinnen zu erfreuen hat (Abb. 1 ).17 Der Verein setzte
sich als Ziel nicht die Unterstützung der durchreisenden Polen, von denen es in Freiburg wegen
des Regierungsverbotes nicht viele gab, sondern die Lage der unglücklichen polnischen
Verbannten, namentlich in Frankreich, wo diese edlen Freiheitskämpfer dem Elende und der
Verzweiflung zum Opfer werden müssen, zu erleichtern.^ Die Freiburgerinnen gründeten also

16 Zum Beispiel erging eine solche Aufforderung an die Töchter Heidelbergs, Heidelberger Wochenblätter vom
6. Januar 1832. Es folgten die Einwohnerinnen von Mannheim. Mannheimer Tageblätter vom 22. Januar 1832.
Ende Februar trat der weibliche Polenverein in Karlsruhe zusammen. Vorläufige Rechenschaft des Frauenvereins
in Karlsruhe: Übersicht über die Annahmen und Ausgaben für die Zeit vom 22. Februar bis mit 10. May
1832, Stadtarchiv Freiburg (StadtAF), L 4.2 Archiv der Freiherren von Fahnenberg. Am 7. März stellte sich der
Frauenverein in Pforzheim vor, Beobachter vom 7. März 1832. Ende April kündigte auch der Konstanzer Frauenverein
seine Tätigkeit an, Konstanzer Zeitung vom 25. und 27. April 1832. Vgl. die von Helmut Asmus entworfene
Karte, die die deutsche Polenhilfe dokumentiert und auch die Frauen-Polenvereine aufführt, Helmut
Asmus: Durchzugsrouten polnischer Novemberaufständischer und deutsche Polenhilfsvereine. In: Die deutsche
Polenfreundschaft in den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts: Beiträge der Leipziger Tagung der Historikerkommission
der Deutschen Demokratischen Republik und der Volksrepublik Polen (Wissenschaftliche Beiträge
der Karl-Marx-Universität Leipzig). Leipzig 1981.

17 Freiburger Zeitung vom 23. März 1832.
Ix Ebd.

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