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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
124.2005
Seite: 121
(PDF, 48 MB)
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tiker ausging. Viele Berichte und Quellen deuten auf Emma Welcker hin, da sie als die aktivste
Polenfreundin in Baden überhaupt galt.

Der Vorstand eines Frauenvereins war als ein Spiegelbild der Vereinsmitglieder gedacht.
Sowohl die älteren als auch die jüngeren Polenfreundinnen sollten darin ihre Repräsentanz finden
. Das Engagement der jüngeren Frauen ist in den weiblichen Polenvereinen jedoch bezeichnend
. Die Vereine nannten sich oder wurden in der Presse nicht umsonst als Mädchenvereine
bezeichnet. Es handelte sich womöglich nicht um ganz junge Mädchen, sondern eher
um unverheiratete junge Frauen. Amalie von Rotteck, die Vertreterin der jüngeren Generation
im Freiburger Frauenverein war zur Zeit ihrer Tätigkeit 23 Jahre alt.25 Hier spielten sicher das
persönliche Interesse an den berühmten Freiheitskämpfern, aber auch die offen gezeigte Begeisterung
für die liberalen Ideen eine Rolle, die nicht nur die männliche, sondern auch die
weibliche deutsche Jugend in den politisch bewegten Zeiten auszeichneten.

Zwischen den weiblichen Wohltätigkeitsvereinen in badischen Städten, die eine längere
Tradition hatten, und den neu gegründeten Polenvereinen gab es kaum Berührungspunkte. Der
seit 1815 wirkende Verein deutscher Frauen zu Freyburg in Breisgau, ursprünglich zur Ab-
schüttlung des ausländischen Modejoches und zur Beförderung der deutschen Sitte, deutschen
Häuslichkeit und Vaterlandsliebe26 gedacht, widmete sich vor allem der Wohltätigkeit in der
Stadt. 1832 trat der Verein dem neu gegründeten Verein für Besserung der Sträflinge bei. Ob
der Verein etwas für die polnischen Flüchtlinge unternommen hatte, ist unbekannt.27 Der 1831
von der Großherzogin Sophie ins Leben gerufene wohltätige Frauenverein in Karlsruhe engagierte
sich für die polnischen Flüchtlinge ebenfalls auf keinerlei Weise.28 Diese auf traditionellen
Feldern wirkenden und vom Herrscherhaus protegierten Wohltätigkeitsvereine scheinen
mit den aus freiheitlichem Enthusiasmus spontan entstehenden bürgerlichen Polenvereinen
nicht viel gemein gehabt zu haben.

Also nicht nur gnädige Frau will ich Sie nennen, eine gute, theure Freundin

Emma Welcker

Emma Welcker, die Ehefrau von Karl Theodor Welcker und selbstbewusste Tochter des Kieler
Medizinprofessors Christian Wiedemann, war eine herausragende Persönlichkeit in der polenfreundlichen
Bewegung Badens.29 Sie gab, wie bereits gesagt, höchstwahrscheinlich den Anstoß
zur Gründung des „Freiburger Frauen-Polenvereins", übernahm dessen Vorsitz und regte
andere Mitglieder mit Erfolg an, gleich nach der Vereinsgründling einen Brief an den preußischen
König zu schreiben, mit dem dieser um freien Durchzug für alle Polen nach Frankreich
ersucht wurde.30 Zur Ausführung dieser Idee scheint es jedoch auf Druck der freisinnigen Männerwelt
, die eine politische Kompromittierung fürchtete, nicht gekommen zu sein. Die ver-

25 Amalie von Rotteck (1809-1871). Vgl. StadtAF, Kl/25 Nachlass Rotteck.

26 Gesetze des Vereins deutscher Frauen zu Freyburg in Breisgau. 18. Januar 1815. Zitiert nach Engelbert Krebs:
Geschichte des Freiburger Frauenvereins 1815-1915. Freiburg 1915, S. 15.

27 Die 1915 im nationalistischen Ton verfasste Geschichte des Vereins erwähnt die Polenhilfe an keiner Stelle. Auch
die zeitgenössischen Quellen verweisen darauf nicht. Die einzige Verbindung bestand möglicherweise durch
Katharina von Rotteck, die dem „Freiburger Verein deutscher Frauen" 1815 angehörte, vgl. ebd., S. 18.

28 Vgl. Sigrid Schambach: Eigenständigkeit und Abhängigkeit - Karlsruherinnen in einer Zeit des Übergangs
(1806-1859). In: Karlsruher Frauen. Eine Stadtgeschichte. Hg. vom Stadtarchiv Karlsruhe. Karlsruhe 1992,
S. 151. Die private Wohltätigkeit in Baden zeichnete sich nach Sigrid Schambach durch „die besondere Nähe
zum großherzoglichen Haus und in der aktiven Förderung und Teilnahme der Großherzoginnen an Maßnahmen
der Wohlfahrtspflege" aus, ebd., S. 150.

29 Vgl. Hermine Villinger: Meine Tante Anna. Berlin 1919. In dem nach authentischen Familiendokumenten ver-
fassten Roman wurde die Tätigkeit von Emma Welcker ebenfalls besonders gewürdigt.

30 Auf ihre Rolle im Verein verweist Karl von Rotteck im Brief an Karl Friedrich Nebenius am 25. März 1832. Rüdiger
von Treskow: „Erlauchter Vertheidiger der Menschenrechte!" Die Korrespondenz Karl von Rottecks. Bd. 2:
Briefregesten (Veröffentlichungen aus dem Archiv der Stadt Freiburg 26/2). Freiburg/Würzburg 1992, S. 362.

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