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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
124.2005
Seite: 122
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schiedenartige Unterstützung, die Emma Welcker dessen ungeachtet organisierte, ging über die
Zeit der Durchzüge im Jahre 1832 weit hinaus. Sie bedachte mit ihrer Fürsorge nicht nur polnische
Emigranten in Frankreich und in der Schweiz, sondern auch ihre Familien in Polen. Besonders
aufwendig und kostspielig gestaltete sich die Durchführung der Übersiedlung von
Frauen und Kindern der Emigranten nach Frankreich. Karl Wild, der Biograf ihres Mannes,
widmete den polenfreundlichen Aktivitäten von Emma Welcker einen längeren, mit einer deutlichen
Tendenz geschrieben Absatz:

..Sie nahm einen verwundeten General ins Haus und pflegte ihn mehrere Monate lang, unterstützte polnische
Studenten, die sich von Frankreich aus an sie wandten, mit Geldmitteln, übersetzte die Gedichte
Nabielaks ins Deutsche und veranstaltete zugunsten der verwaisten Polenkinder eine Lotterie, zu der sie
ein kostbares Korallenhalsband als Preis stiftete, und zu der sie auch Professor Welcker in Bonn zur Beisteuer
und zum Losverkauf aufforderte ... Frau Emma Welcker war unermüdlich; sie leitete die Emigration
verschiedener Kinder und Frauen aus Polen über Breslau und Dresden zu ihren verbannten Vätern
und Gatten nach der Schweiz und nach Frankreich. Auf den verschiedenen Stationen hatte sie gastfreie
Häuser ausfindig gemacht, die die Flüchtlinge in Empfang nahmen und wieder weiter beförderten. So hat
die gutherzige Frau eine ausgedehnte Korrespondenz mit Polen und Polenfreunden geführt, die sich bis
in die Mitte der dreißiger Jahre fortsetzte, wo eine Ernüchterung folgte, indem Professor Welcker in Bonn
dahinter kam. daß in Dresden einige Gauner saßen, die den Polenfreunden Geld abzuschwindeln verstanden
."31

Diese breite Tätigkeit stieß oft auf Bedenken oder direkte Ablehnung. Die von ihr geforderte
Unterstützung für polnische Waisenkinder in Bonner intellektuellen Kreisen wurde vom
Onkel Schlegel, einem Verwandten von Emma Welcker, und anderen verweigert. Der Philologe
Friedrich Gottlieb Welcker, Bruder von Karl Theodor Welcker und selbst Spender eines hohen
Beitrags, kommentierte dies mit den Worten: Man könnte ... eher für junge Mongolen als für
Polenkinder eine Sammlung in Bonn veranstalten. Mit dem Dichter Ernst Moritz Arndt konnte
Friedrich Gottlieb Welcker nicht einmal über die Sache reden.12

Die rege Zusammenarbeit mit Frau Welcker, der ehrwürdigen Dame aus Freiburg im Breisgau
, würdigte Joachim Lelewel im Tätigkeitsbericht des Polnischen Nationalkomitees in
Paris 1833:

An dieser Stelle können wir die dauernde Korrespondenz mit Frau Welcker, der ehrwürdigen Dame aus
Freiburg im Breisgau nicht unerwähnt lassen, die für die leidende Menschheit und die Not unserer Pilgerschaft
so mitfühlend war. Solange sie konnte, half sie den Durchziehenden, leistete Hilfe den Studierenden
, und ohne sich auf die örtliche und nächste Tätigkeit zu begrenzen, reichten ihre Bemühungen an
die Grenzen Polens, um dort noch ein Kind, noch ein Opfer aus den mörderischen Händen zu befreien
und in Sicherheit zu bringen.*3,

Emma Welcker und ihr Engagement müssen unter den polnischen Emigranten allgemein bekannt
und besonders geschätzt gewesen sein. Anderen deutschen Frauen, die die Polenhilfe
organisierten, wurde ein allgemeiner Dank abgestattet:

Viele andere Damen in Deutschland wandten sich ebenfalls eifrig der Not unserer Pilgerschaft zu. Das
Komitee bedauert es, dass es in dem Augenblick, wo es diesen Bericht verfasst, von seinen Archiven getrennt
bleibt und nicht im Stande ist, ihm bekannte Namen zu nennen und niederzuschreiben.34

Dem badischen Innenministerium ging dieses Engagement offensichtlich zu weit. Es reagierte
daher auf die Gerüchte, wonach sich verbotenerweise die aus der Schweiz und Frankreich
eingereisten Polen in Freiburg aufhielten, mit der gelegentlichen Beobachtung des
Welckerschen Hauses. In den Dokumenten des Innenministeriums, die den angeblichen Auf-

31 Karl Wild: Karl Theodor Welcker, ein Vorkämpfer des älteren Liberalismus. Heidelberg 1913, S. 139f.

32 Friedrich Gottlieb Welcker an Karl Theodor und Emma Welcker am 20. September 1832, ebd., S. 139.

33 Joachim Lelewel: Catoroczne trudy Komitetu Narodowego Polskiego na dniu 8 Grudnia 1831 r. we Francji
zawizajiego. Paryz 1831-1833, S. 255. Übersetzung: Gabriela Brudzynska-Nemec.

34 Ebd. Übersetzung: Gabriela Brudzynska-Nemec.

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