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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
124.2005
Seite: 123
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2005/0123
enthalt von Cyryl Grodecki35 in Freiburg 1833 betreffen, wird Madame Welcher als eine verdächtige
Kontaktperson mehrmals namentlich erwähnt.36

Die Kontakte mit den Polen entwickelten sich in einigen Fällen zu herzlichen Freundschaften
. Die teilweise erhaltene Korrespondenz von Emma Welcker gibt einige Aufschlüsse
über den persönlichen Charakter dieser Beziehungen und das wahre menschliche Ausmaß der
deutschen Polenhilfe. Zu den wichtigsten polnischen Brieffreunden Emma Welckers gehörte
der ehemalige Aufständische und Schriftsteller Ludwik Nabielak, auf den auch das Zitat im
Titel dieses Absatzes zurückgeht.37

... der Vorstand zur Leitung der Vereinsangelegenheiten
Organisationsform und Tätigkeit

Die Organisation der weiblichen Polenvereine unterschied sich von der der in Baden wirkenden
männlichen Vereine kaum und übernahm dabei die demokratischen Prinzipien. Die Frauen
warben öffentlich um Mitglieder, wählten den Vorstand durch Stimmenmehrheit, planten Versammlungen
und legten über die Vereinstätigkeit öffentlich Rechenschaft ab (vgl. Abb. 2). Mitglied
wurde man durch das Einschreiben in Listen, die in Privathäusern oder in Zeitungsexpeditionen
ausgelegt waren.38 Die Vereinsgründung und der große organisatorische Aufwand
hatten meist zum Ziel, Handarbeiten zu fertigen und Gegenstände zu sammeln, um sie dann in
den Lotterien zu verlosen. Dabei war den Teilnehmerinnen an der Sache nicht nur ihr praktischer
Zweck, sondern offenbar genauso auch die Art der Tätigkeit wichtig. Ihr auf strenge Formalität
ausgerichteter organisatorischer Ehrgeiz scheint hierbei nicht immer den tatsächlich
bevorstehenden Herausforderungen entsprochen zu haben, wie das Beispiel der Vorstandswahl
des Freiburger Vereins zeigt:

Man bringt diese Wahl [des Vorstands] hiermit zur Kenntniß sämmtlicher Vereinsmitglieder, und richtet
zugleich die Bitte an sie, die Fertigung kleiner Arbeiten wenigstens möglichst beschleunigen zu wollen,
damit in 14 Tagen bis 3 Wochen mit dem Absatz, der Loose begonnen werden kann.

35 Cyryl Grodecki, Offizier im Novemberaufstand, wurde als Ehrenmitglied der „Freiburger Historischen Gesellschaft
" am 10. März 1832 ausgezeichnet, Der Freisinnige vom 13. März 1832. Er veröffentlichte im „Freisinnigen
" und in der „Freiburger Zeitung" eine Reihe von Artikeln über „Die polnische Sache", Der Freisinnige vom
2. und 4. März 1832; Freiburger Zeitung vom 6. bis 11. März 1832. Nach seiner politischen Ansprache beim
Freiburger St.-Ottilien-Fest im Mai 1832 und wegen seiner journalistischen Tätigkeit wurde er im Juni 1832 aus
dem Großherzogtum ausgewiesen.

36 Ministerium des Inneren an den Regierungsdirektor Beek zu Freiburg vom 21. Juni 1833, Generallandesarchiv
Karlsruhe (GLA), 236/8792. Meldung des Wachtmeisters Hartig aus Freiburg an den Oberst von Beust, Kommandeur
der Gendarmerie in Lörrach vom 27. Juni 1833, ebd. Die Akten sind teilweise transkribiert bei Anette
Lindner: „Für unsere und eure Freiheit". Die Polenfreundschaft im Großherzogtum Baden 1831/32, unveröffentlichte
Magisterarbeit. Freiburg 1988. Bericht des Regierungsdirektors Geheimrat Beek an das Ministerium
des Inneren vom 28. und 30. Juni 1833, GLA. 236/8792. Beek schien auch die regelmäßige Korrespondenz, die
Emma Welcker mit Zürich führte, sehr bedenklich. Er ließ Emma Welcker daher von dem Postmeister ebenfalls
beobachten, um herauszufinden, ob sie nicht auch Kontakte mit den deutschen Flüchtlingen in der Schweiz
pflegte. Ebenso stand ein anderes Mitglied des weiblichen Polenvereins, die Witwe Berg, im Verdacht. Sie lebte
mit ihrem Sohn, der als Advokat tätig war. und der Tochter, die sich mit einem Polen verlobte, zusammen.

37 Ludwik Nabielak (1804-1883). Schriftsteller und Journalist. Er führte die zivile Gruppe der Aufständischen beim
Sturm auf das Belvedere in der Nacht des 29. November 1830. Nach der Niederlage des Aufstandes war er eine
wichtige Persönlichkeit der polnischen Emigration in Frankreich. Vgl. Ludwik Nabielak an Emma Welcker am
28. Mai und 1. Juni 1833; Leon Girzynski an Emma Welcker am 24. März 1840: Hieronim Napoleon Bonkowski
an Emma Welcker am 1. März 1842; Louis Alexander Jablinski an Emma Welcker am 12. Oktober 1832. Emma
Welcker korrespondierte mit den polnischen Emigranten vorwiegend auf französisch, Universitätsbibliothek
Heidelberg, Heid. Hs. 1904-1923 Nachlass Karl Theodor Welcker.

38 Die Mitgliederinnen des Lahrer Mädchenvereins trugen ihre Namen in die Listen ein, danach wurde eine Generalversammlung
veranstaltet. Lahrer Wochenblatt vom 29. Februar 1832. In Freiburg führte Fräulein Luise
Kromberger das Buch, worin die Einschreibung des Names als Beitritt zum Verein zu geschehen hat, Freiburger
Zeitung vom 23. März 1832.

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