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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
124.2005
Seite: 137
(PDF, 48 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2005/0137
Wir haben uns die ärgerliche Mühe genommen, nach einem genealogischen Kalender die Zahl der fürstlichen
Müßiggänger beiderlei Geschlechtes aufzuzeichnen, welche das deutsche Volk füttert und anbetet,
um sich von ihnen mit hohen, höchsten und allerhöchsten Fußtritten begnadigen zu lassen ...

Betrachtet man die Millionen, die allein in Berlin, Wien, München, Hannover u. s. w. so ungeniert verschleudert
werden, wie unser einer etwa das Geld für eine Cigarre oder ein Glas Bier ausgibt, so wird
man nicht übertreiben, wenn man auf jeden der genannten 34 „Staaten" durchschnittlich mindestens
2 Millionen annimmt, so daß sich also für die nationale Fürstenfütterung und Anbetung eine jährliche
Summe von 70 Millionen Thaler ergäbe.11

Auch in diesen beiden Textausschnitten zeigt sich der Gegensatz zwischen den reichen Standesherren
, die sich auf Kosten der Bevölkerung bereicherten, und dem ausgesogenen Volk,
welches unter der Steuerlast des Fürstenstaates zu leiden hatte. Eine Forderung der Revolution
war es deshalb, die Abgabenlasten abzuschaffen und durch eine gerechte Besteuerung nach
dem Einkommen zu ersetzen, um eine freie und sozial gerechte Gesellschaft zu bilden.12

Bezüglich der steuerlichen Belastung tauchte immer wieder das Argument auf, dass 34 Fürsten
zuviel seien, und eine Republik billiger komme. So stellte das Flugblatt 34 Fürsten oder
eine Republik die rhetorische Frage: Können wir frei werden und einig und regiert unter 34
Fürsten? Die Antwort auf die Frage lautete nach längerer Argumentation und Darlegung der
Gründe: Fort mit den Fürsten und ihrem Anhang; wir wollen uns selbst regieren, einig und
wohlfeil. Es lebe die Republik! (Abb. 1 ).13 Die Einführung der Republik wurde also als Lösung
der sozialen Frage betrachtet. Zudem glaubte man, mit dieser republikanischen Regierungsform
die staatlichen Ausgaben verringern zu können.

Bei der Ausrufung der Republik im September 1848 versuchte Struve, die steuerliche Belastung
für den Einzelnen zu senken. Unter dem Titel Deutsche Republik! Wohlstand, Bildung,
Freiheit für Alle! gab er in einem Flugblatt die Maßnahmen bekannt, welche die provisorische
Regierung Deutschlands getroffen hatte:

Sämtliche auf dem Grund und Boden haftende mittelalterliche Lasten, so wie sämtliche mittelalterliche
persönliche Dienste, Zehnten, Gülten, Frohnen, und welchen Namen sie sonst tragen, sind ohne alle Entschädigung
sofort abgeschafft. Alle Ablösungsschuldigkeiten für solche Lasten werden ebenfalls abgeschafft
. 14

Neben seiner informativen Funktion hatte das Flugblatt starken programmatischen Charakter,
der sich bereits im Titel äußerte, indem Deutsche Republik mit den Worten Wohlstand, Bildung
und Freiheit für Alle gleichgesetzt wurde. Zugleich propagierte dieses Flugblatt der provisorischen
Regierung eine Republik für ganz Deutschland. Dadurch wurde die Verfügung, dass alle
überkommenen Lasten zu beseitigen seien, zur Propaganda, welche dem Leser die Vorteile der
Republik schmackhaft machen sollte.

4.1.3. Forderungen nach wirtschaftsfördernden und
gesellschaftsstrukturellen Maßnahmen

Die Strukturkrise, welche durch den Übergang zur kapitalistischen Markt- und Industriegesellschaft
ausgelöst wurde, musste durch grundlegende Reformen und eine Neuordnung von
Wirtschaft und Gesellschaft aufgehoben werden. Dafür wurden gesetzliche Maßnahmen gefordert
, die regulierend auf die Wirtschafts- und Gesellschaftsstruktur einwirken sollten, wie
etwa der Schutz der Gewerbthätigkeit durch eine Gewerbeordnung, welche den ehrlichen und
fleißigen Arbeitsmann gegen die Wucht des Capitals wie gegen maßlose Concurrenz deckt, und
ihm seinen Lebensunterhalt sichert, oder aber die Möglichkeit der Auswanderung auf Staats-

» Ebd.. Blatt 22.
i2 Ebd., Blatt 27.
'3 Ebd., Blatt 19.
'4 Ebd., Blatt 142

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