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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
124.2005
Seite: 139
(PDF, 48 MB)
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und Genieindekosten, für alle diejenigen, welche ihren Unterhalt in der Heimath nicht mehr
zu erringen vermögen.^ Mit solchen Maßnahmen sollten die wirtschaftliche Situation der Arbeiter
und der Gewerbetreibenden verbessert und die sozialen Spannungen in der Gesellschaft
abgebaut werden.

Neben gesetzlichen und wirtschaftsstrukturellen Forderungen an die Behörden gab es auch
Bestrebungen, die ökonomische Lage durch private Initiative zu verbessern. Beispielsweise
wurden in verschiedenen Städten Leihkassen gegründet, die dem Gewerbe zinsgünstige Kredite
vermitteln sollten. In Freiburg gab es entsprechend einen Aufruf zur Gründung eines Leihkassenvereins
, welcher zinsgünstige Kredite und Darlehen für die in Not geratenen Angehörigen
des Mittelstandes und des Gewerbes gewähren sollte.

Trotzdem sehen sie hier manchen braven, fleißigen Mann sehr oft unverschuldet in die traurigste Lage
versetzt, und nicht wissend, aufweiche Art er sich auch nur eine kleine Summe Geld, mit der er sich zu
helfen im Stande wäre, verschaffen soll.

Was er in solchen Stunden oft aus Mißmuth thut, besonders noch, wenn er in seinem Geschäft gehemmt
ist, wie häufig er in die Krallen herzloser Wucherer fällt, das, meine werthen Mitbürger, wissen Sie alle
zur Genüge.

Aber weil wir, die etwas für das Allgemeine thun können, das wissen, so ist es auch unsere Pflicht nicht
nur darüber nachzudenken und den Übelstand zu bemitleiden, sondern auch handelnd einzuschreiten.

Weit entfernt die Bemühungen, die man gegenwärtig vielseitig zur Einwirkung einer bessern socialen
Stellung der in der Regel tedigen Arbeits-Gehülfen macht, glaube ich, daß Hülfe für den Gewerbestand,
worunter Sie gar manchen braven Familien-Vater sehen, der die Tage, in denen er als Arbeiter in der
Fremde war, als die glücklichsten seines Lebens preist, und heute mit Kummer und Sorgen aller Art
beladen, mit wahrer Wehmuth an dieselbe zurück denkt, nicht minder nothw endig ist.16

Die Leihkassen sollten das Gewerbe mit zinsgünstigen Krediten und Darlehen unterstützen,
um dem Wucher entgegenzuwirken.17 Das Gewerbe sollte damit von der Abhängigkeit hoher
Zinsen befreit und auf eine finanziell gesündere Grundlage gestellt werden.

4.1.4. Das Gespenst des Kommunismus -
die Angst der Liberalen vor sozialen Unruhen

Während der beiden Revolutionsjahre wurde immer wieder das Gespenst der Gefahr eines
sozialen Aufstandes an die Wand gemalt. Besonders das liberale Bürgertum befürchtete Anarchie
und den Verlust seines Besitzes. So war es nicht verwunderlich, dass in Flugschriften immer
wieder vor der rothen Gefahr und der daraus resultierenden Anarchie gewarnt wurde. Beispielsweise
hieß es im unlackirten Gedicht in Knittelversen über die rothen Republikaner:

Im Reich der tollen Radikalen,/ Der Schuldner wird vom Joch befreit,/ Die Schuld vom Gläubiger zu zahlen
./ Bei Vielen hat das gut Gewissen/ Schon ohnedies Bankrott gemacht/ Und den Contrakt mit Gott zerrissen
./ Nun ist's gar leicht, bei Tag und Nacht,/ Den deutschen Michel zu bethören;/ Es heißt, man sey
in vollem Recht,/Sich gegen Ob're zu empören./Drum schreit die Rotte: „Republik!" -/Und kost' es Frau
und Kind und Leben,/ Es kommt dafür ja gold'nes Glück./ Doch nicht so leicht geht dieser Kampf/ Wie
jüngst im Land der Franzosen,/ Woher giebt 's großen Pulverdampf,/ Man räuchert erst die rothen Hosen./
Dann kommt der größte Patriot;/ „Macht auf die Augen, spitzt die Ohren!"/ Es ist der Knochmann, der
Tod.™

Dieses Gedicht, das mit den gängigen Klischees argumentierte, kritisierte die Republikaner als
gottlos. Sie brächten Deutschland Tod und Verderben, um das Ziel einer republikanischen
Staatsform zu erreichen.

'5 Ebd.. Blatt 27.
Ebd., Blatt 13.

17 Eine Forderung lautete deshalb auch: Versetzung aller gemeinschädlichen Subjecte, insbesondere der Schacherer
und Wucherer in irgend ein Land jenseits des Oceans. ebd.. Blatt 27.

18 Ebd., Teil 2. Sammelmappe.

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