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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
124.2005
Seite: 145
(PDF, 48 MB)
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des Volkes Wohl, verfolgen nur ein Hauptziel, die Freiheit, und nur um die Hülle streiten sie sich, in welche
sie die Freiheit kleiden wollen.45

Der Autor dieser Flugschrift bestritt, dass die Republik die einzige Staatsform sei, welche
die Freiheit garantiere. Er versuchte vielmehr dem Leser die konstitutionelle Monarchie46
schmackhaft zu machen, indem er das positive Beispiel Josephs II. erwähnte. Dieser hatte den
Rufeines aufgeklärten Herrschers und führte tief greifende Reformen auf dem Gebiet des Bil-
dungs- und Gesundheitswesens, der Rechtspflege und der Bauernbefreiung durch.

Dieser Textausschnitt spiegelt auch die argumentative Lage der Liberalen wider. Der Freiheitsbegriff
wurde offensiv von den Republikanern verwendet mit dem Ziel, die Vorzüge der
republikanischen Staatsform hervorzuheben. Die obige Flugschrift bildete den Versuch, die
Verbindung von Freiheit und Republik aufzuheben, um den Freiheitsbegriff auch für liberale
Interessen nutzbar zu machen.

Zugleich ging der Verfasser an anderer Stelle im Text auf die Behauptung der Republikaner
ein, dass die Ausgaben bei einer republikanischen Staatsform geringer seien als bei anderen
Staatsformen. Dies versuchte er rhetorisch geschickt zu widerlegen, indem er auf die staatlichen
Aufgaben verwies, welche, unabhängig von jeder Staatsform, Kosten verursachen.47
Verstärkt wurde die Prägnanz seiner Aussage durch die Darstellung des Negativbeispiels der
Republik Amerika, wo jegliche soziale Absicherung durch den Staat fehlte, was die Kosten für
den Einzelnen in die Höhe trieb.48

Die Volksvereine hingegen traten mehrheitlich für eine Republik ein. Was die Demokraten
unter der sozialen Republik verstanden, macht das folgende Flugblatt deutlich:

Denn was wollen die Demokraten? Sie wollen einen neuen Staatshaushalt, in welchem nicht das von den
Pfaffen erfundene „göttliche Recht der Könige" gilt, sondern in welchem das Volk sich selbst regiert
durch die von ihm gewählten Vertreter.

Die alte Staatswirtschaft oder die sogenannte „Gottesgnadenwirthschaft" führt das Volk an den Rand
des Verderbens: wir sind davon ein lebendiges, trauriges Beispiel. In der Gottesgnadenwirthschaft gilt
das Volk Nichts, sondern die Regierung Alles; die Regierung ist nicht die Dienerin des Volkes, sondern
sie betrachtet sie als seine Herrin; das Volk ist das Schaf, das geschoren wird, die Kuh, die gemolken wird,
der Esel, der beladen wird. In der Gottesgnadenwirthschaft gib es keine Gleichheit der Stände, sondern
bevorzugte Menschenrassen ...

Die Gottesgnadenherrschaft ist gegen die Vernunft: Darum wollen die Demokraten, daß das Volk sich
selbst regiere. Im demokratischen Staat gelten die Grundsätze der Freiheit, der Gleichheit und der Bruderliebe
.

Die Freiheit besteht hauptsächlich darin, daß das Volk Gelegenheit hat, seinen Willen auszusprechen
und sich darnach zu regieren. Das Versammlungsrecht, das Vereinsrecht, Pressfreiheit und das freie Wahlrecht
sind die wichtigsten Mittel, die Freiheit eines Volkes zu sichern ...

Die Gleichheit besteht darin, daß keiner einen Vorzug vor dem Andern hat, also weder in der Besteuerung
, noch in der Wehrpflicht, noch in der Besetzung der Ämter. Die Gleichheit erfordert, daß jeder
nach seinem Vermögen zu den Lasten des Staates beitrage, also eine Vermögenssteuer unter Aufhebung
aller bisherigen Steuern zahlt, damit nicht gerade derjenige die meisten Steuern zahlt, der am Wenigsten
besitzt... Der Adel und das Fürstenthum müssen aufgehoben werden; denn es hat kein Mensch das Vorrecht
, über andere zu herrschen ...

Die Bruderliebe zeigt sich als Grundsatz der Staatshaushaltung daran, daß die Steuern nicht verwen-

« StadtAF, Dvd 7680 RARA, Teil 1, Blatt 187.

46 Dass es sich bei der konstitutionellen Monarchie um die vom Autor bevorzugte Staatsform handelt, geht aus dem
oben zitierten Textausschnitt nicht direkt hervor. Dies wird jedoch klar durch andere Textstellen. So distanzierte
sich der Autor explizit von den Monarchisten. Wir rechten auch nicht mit dem Monarchisten, welcher mit Entsetzen
von den Freiheitsbestrebungen spricht, welche alles umwerfen, was dem Menschen heilig und theuer sey,
und welcher in seinem heiligen Eifer auf diese Art unvermerkt auf das alte System der Bevormundung und Verdummung
zurückführen will. An solche Leute muß man keine Zeit und keine Worte verschwenden, ebd. Des weiteren
sah er die konstitutionelle Monarchie als gute Mischung zweier extremer Staatsformen.

47 Ebd.
4* Ebd.

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