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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
124.2005
Seite: 149
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Bevölkerung wohlfeile Niederlassung, unseren Gewerben durch den Anschluss des Kaiserstaates an den
Zollverein in den es einzutreten geneigt ist, reichlichen Absatz bietet, aus dem neuen deutschen Reich ausscheiden
müsste; diese Verfassung und dieses preußische Erbkaisertum brächten den einzelnen Stämmen
statt Freiheit Unterdrückung, da diese mit Verlust ihrer selbstständigen Bewegung unter die preußische
Einheit gesteckt würden; sie ließen nach dem Ausschluss Österreichs die Grenzen Süddeutschlands gegenüber
Frankreich unbewahrt, wie den Preußen im J. 1795 in Folge seines Baslerfriedens und im J. 1805
Süddeutschland dem französischen Erbfeind als wehrlose Beute ausgeliefert und Oesterreich einsam im
Kampfe gegen Frankreich verbluten gelassen; ... Und wie stünde es mit der Freiheit der überwiegenden
katholischen Bevölkerung Deutschlands unter dem Erbkaiserthum Preußens, das sich von jeher amtlich
überall als Schutzmacht des deutschen Protestantismus aufgestellt und noch in neuester Zeit in der Stiftung
des englisch-preußischen Bisthums zu Jerusalem, wie im Gustav-Adolphsvereine, im eigenen Land
in Schlesien, wie im Rheinland und Westfalen die katholische Kirche systematisch unterdrückt hat?M

Die Katholiken Badens befürchteten im Deutschen Reich eine Vormachtstellung Preußens. Sie
erwarteten eine Benachteiligung des Katholizismus. Diese Befürchtungen, die als frühe Vorläufer
des Kulturkampfes zu betrachten sind, gründeten auf dem Gegensatz zwischen einem
protestantischen Preußen und der mehrheitlich katholischen Bevölkerung Badens, die Österreich
gerne als einen katholischen Gegenspieler zu Preußen gesehen hätte.

4.3.2. Die Frage nach dem Reichsoberhaupt

Die Frage nach einer groß- oder kleindeutschen Lösung war eng verbunden mit der Form des
künftigen Reichsoberhauptes und seiner Befugnisse. Sollte er vom Volk gewählt oder von den
regierenden Häusern bestimmt, ein republikanischer Präsident oder ein Kaiser, als Wahlkaiser
oder in erblicher Monarchie, sein?

Während der ersten Lesung über die Frage des Staatsoberhauptes in der Frankfurter Paulskirche
wurden mehrere Flugschriften und Zeitungsbeilagen veröffentlicht,62 welche die Frage
des künftigen Staatsoberhauptes zum Thema hatten. So erschien im Januar 1849 der Auszug
einer Schrift des Franzosen Alexandre Weill63 mit dem Titel de Vheridite du pouvoir, welche
in Frankreich - dem Herausgeber des Flugblattes zufolge - großes Aufsehen erregt habe. Diese
Schrift beschäftigte sich mit der Frage der Herrschaft und versuchte den Leser mittels eines
Katechismus zu überzeugen, dass die Ordnung in der Form erblicher Gewalt und Freiheit in
der Form von Demokratie die beiden Grundpfeiler seien, aufweichen sich der ideale Staat aufbauen
ließe:

Es gibt einfache politische Fragen von höchster Wichtigkeit, welche, um begriffen zu werden, durchaus
wie mathematische Aufgaben behandelt werden müssen: Die Frage über die Herrschaft gehört hierher.

Jedermann gibt zu, daß der Bestand und die Wohlfahrt des Staates auf der Ordnung und auf der Freiheit
beruhen. Nun:

Ist die Ordnung möglich ohne Freiheit?

Ja. Beweis hierfür sind die absolutistischen Staaten, welche, seien sie republikanisch oder monarchisch
, ohne Freiheit bestehen.

Ist Freiheit möglich ohne Ordnung?

Nein. Weil überall die Freiheit ohne Ordnung in Chaos und Anarchie ausartet.
Was folgt daraus?

61 Ebd., Blatt 203.

62 Vergleiche dazu etwa die Rede Bassermanns, welche am 16. Januar 1849 in einer Extrabeilage zur „Mannheimer
Zeitung" erschien. Darin trat Bassermann für eine konstitutionelle Monarchie mit einem Erbkaisertum ein,
ebd., Blätter 156 f.

63 Alexandre Weill war französischer Publizist und wurde am 10. Mai 1811 im elsässischen Schirhoffen geboren.
Nach seinem Studium schrieb er zunächst für deutsche Zeitungen. Später arbeitete er für verschiedene französische
Blätter, wie etwa für Louis Blancs Revue du Progres, für die Democratie pacifique oder für die Presse.
Neben seiner journalistischen Tätigkeit verfasste er auch eine große Anzahl von Flugschriften mit tagespolitischen
Themen, so etwa le Genie de la monarchie (1849) oder Republique et Monarchie (1848). Weill starb am
18. April 1899 in Paris. La grande encyclopedie. Inventaire raisonne des sciences, des lettres et des arts. 31
Bände. Hg. von Camille F. Dreyfuss und Andre Bethelot. Paris 1885-1901, S. 1196.

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