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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
124.2005
Seite: 155
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näckigen Widerstand entgegen gesetzt; sie fährt fort, in Gemeinschaft mit der Adelskammer, deren längeres
Bestehen mit der Aufhebung der Standesvorrechte unvereinbar ist, über die Interessen des Volkes
zu verhandeln und Beschlüsse zu fassen. Das Volk ist nicht schuldig, Gesetze von denjenigen anzunehmen
, die es nicht mehr als die Vertreter seines Willens anerkennen kann; es hat aber das Recht, mit allen
Kräften dahin zu streben, die Wirkung und Bedeutung solcher Gesetze zu schwächen und wo möglich zu
vernichten; es hat das Recht, sich von jeglicher politischer Handlung zurückzuziehen, durch welche der
bestehenden Ständeversammlung in ihrer volksfeindlichen Wirksamkeit irgend wie Hülfe geleistet oder
auch nur der Schein eines Rechtes eingeräumt werde. Der prov. Landes-Ausschuss fordert das Volk auf
von diesem Rechte seinen Gebrauch zu machen

Mit dem Aufruf zum zivilen Ungehorsam reagierten die Volksvereine auf die Tatsache, dass
die badischen Kammern immer noch diejenigen waren, die aus den Wahlen von 1846 hervorgegangen
waren. Aus diesem Grund verlangten die demokratischen Volksvereine mit einem
Petitionssturm deren Auflösung und forderten Wahlen für eine verfassunggebende Versammlung
nach demokratischem Wahlrecht. Dieses Flugblatt ist in diesem Zusammenhang zu sehen.
Es spiegelte die politische Situation jener Zeit wider. So kritisierte es die unzeitgemäße Zusammensetzung
der Ständeversammlung, ihre fehlende Volksnähe und kündigte taktisch-politische
Maßnahmen an, die zur Auflösung der Ständeversammlung führen sollten.77

Auch die Abgeordneten des Frankfurter Vorparlamentes zogen Kritik auf sich. In einem
Flugblatt wurde zur Wachsamkeit gegenüber dem Ausschuss der vorbereitenden Nationalversammlung
aufgerufen, da die Vertreter des Ausschusses den Willen des Volkes weder vertreten
noch beachten würden. Der Verfasser kritisierte, dass die Mitglieder des Vorparlamentes
nicht vom Volk gewählt worden waren, sondern größtenteils aus Mitgliedern der Landtage
bestanden. Er sprach ihnen deshalb die Legitimation ab, die wahren Interessen des Volkes zu
vertreten. Die wenigen, die seiner Meinung nach die Interessen des Volkes vertreten würden,
waren Angehörige der demokratischen Linken, die nicht in den Ständeversammlungen vertreten
waren und zum Teil im Exil gelebt hatten.78 Die Vertreter des Vorparlamentes waren in der
Tat nicht vom Volk gewählt worden, sondern waren von der Heidelberger Versammlung79 aufgrund
ihrer Funktion als ehemalige oder gegenwärtige Mitglieder der deutschen Landtage oder
als Notabilitäten, meist Angehörige der demokratischen Linken, der bisher nicht in den Ständeversammlungen
vertretenen politischen Bewegungen eingeladen worden.80

4.4.2. Kritik an der parlamentarischen Arbeit

Nicht nur die Legitimation der parlamentarischen Vertreter wurde kritisch beleuchtet, sondern
auch deren Arbeit wurde unter die Lupe genommen. So erschien im Juli 1849 ein Flugblatt in
der Form eines Dialoges zweier Freunde, welches die politischen Ereignisse um die Frankfurter
Nationalversammlung und die Ablehnung der Kaiserkrone durch den preußischen König
Revue passieren ließ:

Paul: So bist Du kein Freund der Nationalversammlung, die zu Frankfurt getagt hat?
Werner: Ja und Nein. Denke ich daran zurück, wie das deutsche Volk so laut nach einer größeren Einheit
verlangte, wie tiefes die Zersplitterung empfand, die unser Vaterland im Innern zerriss und die Ge-

7ft Ebd.. Blatt 220.

77 So forderten die Volksvereine, dass sämtliche Vertreter der Volkspartei aus der Kammer austreten sollten, dass
sämtliche Wahlbezirke ihre Abgeordneten aus der Kammer zurückrufen sollten, dass sich sämtliche Wahlmänner
der Volkspartei einer Wahl weiterer Abgeordneten zu enthalten hätten und dass sämtliche Bürger Badens gegen
die Beschlüsse und Gesetze der bestehenden Ständeversammlung Verwahrung einlegen sollten.

7X Ebd.. Blatt 15.

79 Am 5. April trafen sich in Heidelberg 51 liberale und demokratische Politiker aus dem Rheinland, um über die
Kompetenz der geplanten Nationalversammlung und über die Gestalt der künftigen Reichsverfassung zu diskutieren
. Man verabschiedete eine gemeinsame Erklärung, in welcher man sich für das Prinzip von Freiheit, Unabhängigkeit
und Selbstbestimmungsrecht aller Nationen bekannte. Zudem wurde eine Siebener-Kommission
gebildet, welche das Vorparlament organisieren sollte.

K() Botzenhart (wie Anm. 51), S. 91 ff.

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