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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
124.2005
Seite: 159
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„Peter, sei Du Statthalter!

Hier wurde in Verbindung mit einer Karikatur das gängige Bild Heckers zitiert, das sich in
einer romantischen Erscheinung als Freischarenführer mit schwarzem Schlapphut, Hahnenfeder
, Blouson und Umhang und bewaffnet mit Schusswaffen manifestierte. Die Beschreibung
Heckers war insofern diffamierend, als dass das übliche Heckerbild dahingehend abgeändert
wurde, dass es eher dem Bild eines Räuberhauptmanns glich. Helmut Hartwig und Karl Riha
haben in ihrem Buch Politische Ästhetik und Öffentlichkeit auf diese Entwicklung hingewiesen
.92

Neben Hecker wurden auch andere Freischärler aufs Korn genommen. So beschuldigte
Nadler die Freischärler, General Gagern meuchlings ermordet zu haben oder nahm das von
Jakob Venedey gestreute Gerücht auf, dass Georg Herwegh noch vor dem Kampf unter dem
Spritzleder eines von seiner Frau kutschierten Wagens geflohen sei:93

„Ach, Madamchen, that er sagen,
„Aus ist's mit der Republik!
„Soll ich Narr mein Leben wagen?
„Nein! Für jetzt nur schnell zurück!
„Lass für meinen Kopf uns sorgen,
„Komm ich heut nicht, komm ich morgen;
„Ach, wie kneipt's mich in den Leib,
„ Wende um, mein liebes Weib!"

Und Madam hieß ihn verkriechen
Sich in ihren treuen Schooß
Denn er könnt' kein Pulver riechen,
und es ging erschrecklich los;
Schimmelpennig ward erstochen
Manche Sense ward zerbrochen
Und erschossen mancher Mann
Die ich nicht all nennen kann.94

Mit solchen Zeilen versuchte Nadler die Revolutionäre der Lächerlichkeit preiszugeben. Bei
den Anhängern Heckers machte er sich so verhasst, dass er 1849 beinahe einem Mordanschlag
zum Opfer fiel.95

Dass Nadler bei seinen Anschuldigungen keineswegs etwas Neues anführte, sondern bekannte
Anschuldigungen und Gerüchte aufgriff, zeigte unter anderem eine Gegendarstellung
des Offizierskorps des 1. Bataillons, die sich auf mehrere Zeitungsartikel und eine Darstellung
Heckers über den Tod Gagerns bezog:

Mehrere Artikel in öffentlichen Blättern über das Gefecht bei Kandern, aber namentlich die Behauptung,
daß von den hessischen Soldaten zuerst geschossen worden sei, veranlasste das Offizierskorps .... den Zusammenstoß
auf der s. g. Scheideck bei Kandern auf Manneswort der Wahrheit getreu zu schildern ...

Auf der Scheideck wurde die Hecker'sehe Schaar wiederholt von dem Hrn. General v. Gagern zum Ablegen
der Waffen in eindringlichen, wohlgemeinten, freundlichen, selbst bittenden Worten aufgefordert...
Der von der Hecker'schen Seite herkommende erste Schuss, glücklicher Weise ein Prellschuss, traf den
Hauptmann der Schützenkompanie am linken Arm. Hauptmann Keim und die bei seiner Kompanie stehenden
Oberlieutenant Becker und Lieutenant Becker, so wie die zum ersten Halbz.ug dieser Kompanie
gehörenden Unteroffiziere und Schützen sind bereit, dies eidlich zu beschwören. Jeder vernünftige
Mensch wird es begreiflich finden, daß diese auf uns abgefeuerten ersten Schüsse ungesäumt von unseren
eigenen Soldaten erwidert worden sind.

So fiel General von Gagern als Opfer seines Edelmuths und seiner Nachsicht gegen einen in Acht erklärten
Feind, schmerzlich betrauert von Allen, die während der kurzen Zeit seiner Wirksamkeit Gelegenheit
hatten, die Vorzüge seines Geistes und Herzens hochschätzen und verehren zu lernen.96

Zusätzliche Brisanz bekam der Heckerzug dadurch, dass Hecker vier Monate zuvor einen Eid
auf die badische Verfassung geschworen hatte. Ein Flugblatt nahm ihm das übel und beschuldigte
ihn, auf den Tod Gagerns Bezug nehmend, als Hochverräter:

91 StadtAF. Dvd 7680 RARA. Teil 1. Blatt 152.

92 Helmut Hartwig/Karl Riha: Politische Ästhetik und Öffentlichkeit. 1848 im Spaltungsprozeß des öffentlichen
Bewusstseins. Steinbach und Wißmar 1974, S. 109.

93 Elfriede Underberg: Die Dichtung der ersten deutschen Revolution 1848/49. Leipzig 1930. S. 268 ff.

94 StadtAF, Dvd 7680 RARA, Teil 1, Blatt 152.

M John Meier: Volksliedstudien. Straßburg 1917. S. 232.
*> StadtAF, Dvd 7680 RARA, Teil 1, Blatt 115.

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